Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, pocht auf eine rasche Umsetzung der Empfehlungen der sogenannten Borchert-Kommission. „Die deutschen Landwirte stehen zum Umbau der Tierhaltung“, sagte er am Rande des DBV-Veredlungstags am Dienstag in Cloppenburg. Man sei auf den Höfen viel weiter als die Politik, beteuerte er. Doch die Bundesregierung habe „lediglich einen kleinen Anfang gemacht“. Namentlich die FDP nannte er als Blockierer, weil diese sich bei der Kostenerstattung weigerte. „Das ist zu wenig, um eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu gewährleisten.“ Es müssten nun Planbarkeit und Verlässlichkeit aufgezeigt werden. „Die Politik muss jetzt handeln und den Umbau der Tierhaltung auf den Weg bringen. Sie muss dafür sorgen, dass die Finanzierung sichergestellt wird. Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei“, sagte Rukwied.

Zwei Herren in Anzügen an einem Tisch
Der Veredlungspräsident des Bauernverbandes, Hubertus Beringmeier (l.), und Präsident Joachim Rukwied | Screenshot: Kleinwächter

Bereits 2019 hatte eine Kommission unter Leitung des früheren Bundesagrarministers Jochen Borchert (CDU) Pläne ausgearbeitet, wie die Nutztierhaltung in Deutschland in einem überschaubaren Zeitraum insgesamt auf ein höheres Tierwohl-Niveau angehoben werden kann – umgesetzt wurde davon bislang aber wenig. Der Bauernverbands-Präsident kritisierte dieses Vorgehen der Ampel-Regierung nun: „Das kann und wird nur im Paket gelingen, davon sind wir aber weit weg.“ Konkret meinte er, dass die Vorgaben beim Emissionsschutz und bei den Baugenehmigungen dahingehend korrigiert werden müssten, dass der tierwohlgerechte Stallumbau erleichtert wird. Zudem brauche es parallel eine Zusicherung des Handels, dass für mindestens zehn Jahre das Schweinefleisch zu einem höheren, die Tierwohlstandards honorierenden Preis abgenommen werden müsse. So lange dauere es, bis sich die Investitionen rentiert hätten.

„Es reicht definitiv nicht, auf Luftschlösser aufzubauen.“

Diese Zusage des Handels müsse vertraglich festgeschrieben werden, betonte Rukwied (auf dem Foto rechts). „Es reicht definitiv nicht, auf Luftschlösser aufzubauen.“ Wenn der Handel feststellen müsste, dass die höherwertige Ware keinen Absatz hat, dürften die Schweinehalter nicht mit ihren Kosten alleingelassen werden. „Was wir brauchen, ist eine vertragliche Absicherung, was höherwertiges Fleisch anbelangt“, sagte der Verbandspräsident.

Strukturwandel treibt Landwirte um

Die rund 200 Teilnehmer des Veredelungstages, also des Fachkongresses der Schweinehaltungs-Branche, treibt insbesondere die innereuropäische Konkurrenz um. Der Schweinebestand in Deutschland sei um 6,7 Millionen Tiere abgebaut worden, führte Rukwied aus. Gleichzeitig habe Spanien seine Bestände um 9,2 Millionen Tiere aufgestockt. „Wir erleben einen Strukturwandel in der Tierhaltung“, erklärte der Veredlungspräsident des Bauernverbandes, Hubertus Beringmeier (links), und stellte fest, dass nach der Abwanderung ins Ausland dort auf ganz anderem Tierwohlniveau eine neue Schweinefleischproduktion aufgebaut werde. Beringmeier beschrieb, dass der Boom in Spanien zum einen politisch gewollt sei und unterstützt werde und etwa die Standards geringer seien, zum anderen aber auch das Konsumverhalten noch ein anderes sei.

Niedersachsens Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers sagte auf Rundblick-Nachfrage, dass insbesondere für Niedersachsen die Veredelung von herausragender Bedeutung sei. Wenn die Betriebe geschlossen werden müssten, wären tausende Arbeitsplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette davon betroffen, inklusive des Futtermittelmarktes.

Der Blick auf den deutschen Markt könnte die Schweinehalter allerdings zufrieden stimmen. „Der Schweinepreis passt derzeit“, erklärte Beringmeier. Das Kilo bringe aktuell um die zwei Euro, und der Experte geht sogar davon aus, dass sich dieser Kurs halten werde. Zudem stellt er fest, dass die Verbraucher qualitativ hochwertige Produkte haben möchten, die nachhaltig erzeugt wurden aber auch bezahlbar sind.

„Wir wissen, dass der Verbraucher vorm Laden anders spricht, als er im Laden denkt“

Das Problem steht also auch vor der Ladentheke: „Wir wissen, dass der Verbraucher vorm Laden anders spricht, als er im Laden denkt“, sagte Beringmeier zur inkonsequenten Konsumentenhaltung. Eine langjährige Forderung des Bauernverbands ist es deshalb auch, die Transparenz zu erhöhen: „Wir brauchen eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung“, sagte Beringmeier. Diese müsse auch die Sauen und Ferkel mit einbeziehen sowie die verarbeiteten Produkte in der Gastronomie. „Wir wollen das ‚D‘ auf der Packung haben.“ Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) hatte ein eigenes Vorgehen für den Fall angekündigt, dass die EU sich nicht zu einer Kennzeichnungspflicht bereiterklärte. „Damit steht er jetzt im Wort“, sagte Rukwied.