Als eines der ersten Gesetzesvorhaben der neuen Großen Koalition wird die Schulpolitik angepackt: Kommenden Mittwoch berät der Landtag in erster Lesung über eine Novelle des Schulgesetzes, die gleich drei Veränderungen vorsieht. Zunächst soll die Inklusion etwas abgebremst werden, also das Vorhaben, Kinder mit Behinderungen nicht mehr in gesonderten Schulen, sondern in allgemeinbildenden Schulen zu unterrichten. Die SPD wollte an diesem Plan festhalten, die CDU drängte auf eine Reform.

Eltern können ihre Kinder voraussichtlich bald ein Jahr später einschulen lassen – sofern die Kinder zwischen dem 1. Juli und dem 30. September das sechste Lebensjahr vollendet habe – Foto: weseetheworld

Vereinbart hatten beide, die bestehenden Förderschulen Lernen nicht zu schließen, sondern eine Option auf ihren vorläufigen Bestandsschutz zu sichern. Allerdings wird das befristet, letztmalig sollen die Förderschulen Lernen im Sommer 2022 neue Schüler in die fünfte Klasse aufnehmen können. Als Alternative wird den Kommunen als Schulträgern angeboten, an den allgemeinbildenden Schulen Lerngruppen für Schüler mit sonderpädagogischem Bedarf einzurichten. In jedem Fall aber müssen die Kommunen als Schulträger die Entwicklung der Schülerzahlen vorlegen und darlegen, auf welche Weise sie das Ziel der Inklusion erreichen wollen. Die FDP hat als Kontrast zu diesem Plan von SPD und CDU einen eigenen Schulgesetzentwurf vorgelegt, der noch weiter geht – danach sollen die Eltern die Wahl haben, das behinderte Kind entweder an einer Förderschule Lernen oder an der allgemeinbildenden Schule unterrichten zu lassen.

Spätere Einschulung wird Geld kosten

Der zweite Punkt der von der Großen Koalition angepeilten Schulgesetznovelle betrifft das Einschulungsalter. So soll es den Eltern künftig per Gesetz erlaubt werden, die Kinder ein Jahr später einschulen zu lassen – sofern die Kinder zwischen dem 1. Juli und dem 30. September das sechste Lebensjahr vollendet haben. Eine schriftliche Erklärung der Eltern, die an die Schule gerichtet wird, soll für die Verschiebung reichen. Wie viele Kinder von der Regelung betroffen sein könnten, hat das Kultusministerium anhand einer eigenen Berechnung geschätzt: Durchschnittlich 70.000 Kinder besuchen das dritte Kindergartenjahr – und ein Viertel davon wird zwischen 1. Juli und 30. September geboren.

Da angenommen werde, dass 20 Prozent der Eltern sich dafür entscheiden, das Kind erst später einzuschulen, werde von 3500 Kindern jährlich ausgegangen. Im Schuljahr 2016/2017 seien 5300 Kinder von der Schulpflicht zurückgestellt worden – etwa die Hälfte wurde in den Schulkindergarten aufgenommen, die andere Hälfte besuchte weiter den regulären Kindergarten. Die Landesregierung vermutet nun, dass mit einer erleichterten Verschiebung des Einschulungsalters jährlich 2800 Kinder zusätzlich ein weiteres Jahr lang den Kindergarten besuchen. Dieser Schritt dürfte dann, wegen der geplanten Gebührenfreiheit, für die Eltern nicht wie bisher mit Kosten verbunden sein.

Noch ein dritter Reformschritt soll nach dem Willen von SPD und CDU im Schulgesetz verankert werden. Die Sprachförderung in Kindergärten ist bisher laut Gesetz mit dem Attribut „schulisch“ verknüpft – woraus häufig folgt, dass es ausgebildete Lehrer sind, die diese Förderkurse leiten. Der Begriff „schulisch“ soll künftig entfallen. Damit wird dem Kultusministerium die Möglichkeit gegeben, die Lehrer dort abzuziehen und in Schulen einzusetzen – mit der logischen Konsequenz, dass dann andere Kräfte für die Sprachförderung in Kindergärten eingesetzt werden müssen. Angeblich handelt es sich um rund 500 Stellen von Lehrern, die hier landesweit von der Neuregelung im Gesetz betroffen sein könnten.