Ein Wolf, der ohne Scheu durch Straßen streift oder ein neues Rudel, das sich nahe einer Ortschaft im Landkreis Celle niedergelassen hat: Überall, wo der Wolf sich in der Nähe von Menschen aufhält, gibt es Diskussionen, inwieweit man die Tiere gewähren lassen darf. Und die Geduld der betroffenen Bürger nimmt merklich ab. Umweltminister Olaf Lies hatte den Konflikt in den vergangenen Monaten immer wieder zu befrieden versucht, indem er ankündigte, zahlreiche Wölfe mit Sendern ausstatten zu wollen. Damit will der Minister signalisieren: Wir können störende Wölfe zwar nicht erschießen, aber wir haben sie unter Kontrolle. Allerdings könnte die massenhafte Besenderung mehr Aktionismus sein, als dass sie tatsächlich zur Lösung des Konflikts zwischen Tierschützern und Wolfsskeptikern beitragen kann. Zumal die Geräte in Niedersachsen bisher nicht durch einwandfreie Dienste aufgefallen sind. „Was wir brauchen, ist ein vernünftiges Wolfsmanagement und keine neue Offensive zur Erforschung des Wolfs“, fordert der Jäger Heinz Pyka im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Der Jagdpächter in Hannover-Döhren gilt als anerkannter Jagdexperte in Niedersachsen.

Technik hält nicht, was sie verspricht

Der Rüde MT6, auch bekannt unter dem Namen „Kurti“, und eine Wölfin namens FT10 waren im Juni 2015 die ersten Wölfe, die in Niedersachsen ein Senderhalsband umgelegt bekamen – und bis heute auch die einzigen. Alle vier Stunden sendete das Halsband via GPS die Positionsdaten des Wolfes an das Lupus-Institut für Wolfsmonitoring. Allerdings hielt die Technik nach Rundblick-Informationen bei den beiden Tieren nicht, was sie eigentlich verspricht. Bei MT6 blieb das GPS-Signal schon Ende September bis Anfang November das erste Mal stumm, schickte aber plötzlich alle Daten aus dieser Zeit nach, bis der Sender kurz vor Weihnachten 2015 ganz ausfiel. Das Gerät der Wölfin sendete ab Anfang November keine Daten mehr. „Der Ausfall von Sendern ist ein Problem, das in der sogenannten Tiertelemetrie häufig auftritt“, sagt Konstantin Knorr, Wolfsexperte im Umweltministerium. Allerdings soll die Batterie der Sender bei der Intervalleinstellung von vier Stunden etwa zwei Jahre lang halten. Kurz bevor das der Fall ist, sendet das Gerät in der Regel ein Signal und löst sich vom Hals des Tieres, sodass es wiedergefunden werden kann.

 


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Momentan bereitet das Umweltministerium zusammen mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover die Besenderung von 15 erwachsenen Wölfen vor – das betrifft je ein Tier aus jedem Rudel, das in Niedersachsen lebt. Der Wolf, der jüngst durch die Straßen von Walsrode spazierte, ist nicht darunter. „Es wurden Vorbereitungen getroffen, aber besendert wird er erst, wenn er sich noch einmal Menschen auffällig nähert“, sagt eine Sprecherin des Umweltministeriums. Welches Sendermodell die Wölfe zukünftig um den Hals tragen werden, stehe noch nicht fest, daher könne man auch noch nichts über die Kosten sagen, heißt es aus dem Ministerium. Das liege unter anderem daran, dass noch nicht abschließend geklärt sei, welche Fragen die Sender beantworten sollen. Denn sie können je nach Modell nicht nur Standorte übermitteln, sondern auch andere Daten wie etwa die Körpertemperatur oder die Geschwindigkeit, mit der der Träger unterwegs ist. Im  Haustierbereich kosten GPS-Ortungsgeräte rund 70 Euro, die Kosten für Profigeräte beginnen bei etwa 400 Euro.

Was soll das bringen?

Aus der Sicht von Jäger Pyka ist Lies‘ Senderkonzept das Resultat der Zwickmühle, in der sich der Umweltminister derzeit befinde. Auf der einen Seite müsse er die Naturschutzverbände zufriedenstellen, die den Wolf um jeden Preis vor der Tötung bewahren wollten. Auf der anderen Seite habe er die Interessen derer, die sich durch den Wolf bedroht fühlten – wie etwa Weidetierhalter – ernst zu nehmen. „Dieser Umweltminister geht an das Problem schon realistischer heran als sein Vorgänger“, befindet Pyka, „aber wenn wir jetzt wieder besendern, was soll uns das bringen?“ Denn kaum eine Tierart sei zuletzt so gründlich erforscht worden wie der Wolf. Man wisse längst, wie viele Tiere es gebe, wie sich ihre Population entwickle, wie sie sich ausbreiteten und wie sie sich im dichtbesiedelten Niedersachsen verhielten. Daher sei die Sender-Offensive aus Pykas Sicht nur dazu da, Lies‘ Bestrebungen für ein aktiveres Wolfsmanagement mit Daten zu unterfüttern und Wolfsschützer zu überzeugen. Auch Pyka hält das Töten einzelner Tiere für schon bald unumgänglich. „Es ist schön, dass der Wolf wieder da ist, aber Deutschland ist eines der am dichtesten besiedelten Länder Europas. Der Wolf muss hier Lebensräume zugewiesen bekommen, außerhalb derer er nichts zu suchen hat.“