Tricksen die Pflegekassen bei Anträgen und Widersprüchen von Pflegebedürftigen? Das vermutet der Sozialverband Deutschland in Niedersachsen (SoVD). Er stellt fest, dass Widerspruchsverfahren in der Pflege unverhältnismäßig lange dauern. „90 Prozent unserer Mitglieder haben 2017 länger als drei Monate auf eine Entscheidung gewartet, über die Hälfte sogar länger als sechs Monate“, sagte Bernhard Sackarendt, zweiter Landesvorsitzender des SoVD in Niedersachsen, bei der Vorstellung des „Schwarzbuchs sozial“ des Verbands in Hannover. Zugleich sei die Zahl der Widerspruchsverfahren beim Verband im vergangenen Jahr um mehr als 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Zum Jahresende rechnet er mit einer weiteren neunprozentigen Steigerung.

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Während bei Anträgen, zum Beispiel auf einen Pflegegrad oder ein Hilfsmittel, eine fünfwöchige Frist für die Pflegekasse gilt, existiert beim Widerspruchsverfahren keine vergleichbare Regelung. „Wir haben die Vermutung, dass die Pflegekassen Anträge schnellstmöglich ablehnen und das anschließende Widerspruchsverfahren enorm in die Länge ziehen, um diese Fristen möglicherweise zu umgehen“, meint Sackarendt.

Für eine bessere Organisation seien zwar in erster Linie der Medizinische Dienst der Krankenversicherung und die Pflegekassen in der Pflicht. Davon verspricht Sackarendt allerdings wenig. Er fordert deshalb die Politik zum Handeln auf. Sie solle auch für Widerspruchsverfahren eine Frist einführen, die seiner Meinung nach unterhalb von drei Monaten liegen müsste. „Damit könnte die Politik Betroffenen das Leben konkret erleichtern. Der aktuelle Zustand ist unhaltbar. Solange einem Widerspruch nicht stattgegeben wird, kann man seinen Alltag nicht organisieren und hat oftmals auch finanzielle Probleme“, sagte Sackarendt.

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