Im November hatte das niedersächsische Bündnis für bezahlbares Wohnen erste Ergebnisse vorgelegt – 2019 sollen die Erkenntnisse aus den Konferenzräumen jetzt auf den Baustellen umgesetzt werden. „Spätestens in diesem Jahr muss geliefert werden. Jetzt müssen alle Akteure ihren Beitrag leisten“, sagte Andreas Otto, Verbandsratsvorsitzender des Verbands der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen (VDW). Mehr als 30 Verbände, Kammern, Unternehmen und Kommunen hatten sich an dem Bündnis beteiligt. Bezahlbaren Wohnraum bezeichnete Otto als die entscheidende soziale Frage unserer Zeit. Sie entscheide ganz wesentlich über den Zusammenhalt in der Gesellschaft. „Es wäre gesellschaftspolitisch dramatisch, wenn wir auf diese drängende Frage keine Antwort erhielten“, sagte Otto auf dem Neujahrsempfang des Verbands in Hannover. Die Wohnraumförderung brauche mehr Geld, spätestens für den kommenden Nachtragshaushalt. Konkrete Summen konnte Niedersachsens Bauminister Olaf Lies bei der Veranstaltung mit rund 200 Gästen noch nicht verkünden. Im Ministerium werde aber derzeit an den Förderbedingungen gearbeitet, erklärt Lies.

Der Markt regelt nicht alles

Auch der Minister lobte die Arbeit des Bündnisses. „Wir sind einen großen Schritt nach vorne gekommen – bisher noch in der Theorie“, sagte Lies. Um schneller voranzukommen, müsse man Genehmigungen beschleunigen und die Planung optimieren. Darüber hinaus müsse an den Stellen, wo der Bedarf besonders groß sei, auch eine Nachverdichtung möglich. „Wir werden auch darüber sprechen müssen: Gibt es Vorschriften, die man zeitweise aussetzen kann, um Nachverdichtung zu ermöglichen?“ Lies sieht beim Wohnungsbau eine Verantwortung bei der öffentlichen Hand. „Der Markt regelt einen ganz großen Teil, aber er regelt und verantwortet eben nicht alles.“ Vertreter großer privater Wohnungsunternehmen sagten ihm, dass die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum schließlich nicht die Anforderung der Teilhaber des Unternehmens sei. Forderungen nach einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft erteilte Lies eine Absage. „Wir können nicht nebeneinander agieren, sondern müssen die Ressourcen bündeln.“ Es gebe eine Reihe von starken Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften.


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Mit dem Konflikt zwischen nötiger Nachverdichtung in den Städten und den Protesten der Stadteinwohner setzte sich bei der Veranstaltung Gerhard Matzig auseinander. Matzig ist Architekt und Journalist bei der Süddeutschen Zeitung. Es sei brisant, dass man auf der einen Seite schnell etwas umsetzen müsse, es auf der anderen Seite aber einen Bedarf nach Partizipation und Diskurs gebe. Teilweise seien die Proteste typisch deutsch: „Wir sind für die Umgehungsstraße, aber nicht vor unserem Grundstück. Wir sind für die Stromtrasse, aber nicht dort, wo wir sie sehen können. Der Sinn für das Gemeinsame hat etwas gelitten, der Egoismus der Akteure hat etwas überhandgenommen“, meinte Matzig. Es sei unbenommen, sich keine Nachverdichtung in den Städten wünschen zu dürfen. Dichte, auch räumliche Verdichtung, erzeuge schließlich Stress. „Da werden wir noch viel Streit haben miteinander“, konstatierte der Architekt. Dennoch warb er für die positiven Effekte der Partizipation. Menschen wünschten sich mehr Transparenz. In Österreich und der Schweiz habe man sehen können, dass durch eine stärkere Partizipation komplexe Vorhaben von einer großen Mehrheit getragen werden könnten. „Experten müssen der Bevölkerung entgegenkommen“, zeigte sich Matzig überzeugt.