Kommt nach vielen Jahren stetig steigender Steuereinnahmen jetzt der Einbruch? Nachdem die Bundesregierung in der vergangenen Woche die Wachstumserwartungen für dieses Jahr von bisher 1,8 Prozent auf 1,0 Prozent fast halbiert hat, macht sich nun auch in der Landesregierung Ernüchterung breit. Die Angst vor versiegenden Steuerquellen geht um.

Konjunktureinbruch statt Wolkenbruch: Trotzdem könnte die Große Koalition haushaltspolitisch bald im Regen stehen –  Foto: helmutvogler

„Weitere Maßnahmen der Koalitionsvereinbarung können nur umgesetzt werden, soweit ihre dauerhafte Finanzierung sichergestellt werden kann“, erklärt der Sprecher von Finanzminister Reinhold Hilbers auf Anfrage des Politikjournals Rundblick. Die Ministerien sind vor wenigen Wochen von Hilbers aufgefordert worden, ihre Vorschläge und Wünsche für den Etat des kommenden Jahres vorzulegen. Der Finanzrahmen allerdings, den die Landesregierung in einer Klausurtagung Ende Juni in ihren Etatentwurf schreiben will, wird maßgeblich von der Steuerschätzung im Mai bestimmt. Dann wird auch klarer sein, inwieweit sich der Brexit und der Handelsstreit mit den USA verschärft oder entspannt haben werden – beides wichtige Indizien den Konjunkturverlauf, den Wirtschaftsexperten vorhersagen wollen.

Die Ministerien sollen ihre Vorschläge drosseln

Drastisch ist, wie am Montag bekannt wurde, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgegangen. Nur einen Tag, nachdem sein Parteifreund und Arbeitsminister Hubertus Heil das Konzept einer Grundrente mit der Notwendigkeit hoher Staatszuschüsse vorlegte, wurde aus dem Finanzressort über eine 25-Milliarden-Lücke in der Finanzplanung bis 2023 berichtet. Allein für 2020 fehlten 6,3 Milliarden Euro im Bundesetat, hieß es aus dem Scholz-Umfeld. Solche Zahlen dienen naturgemäß dazu, die Freude der Ministerien bei der Anmeldung ihrer Wünsche zu dämpfen.


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Im niedersächsischen Finanzministerium ist man offenbar nicht geneigt, ähnliches zu veranstalten. Die Eckdaten, die Hilbers dem Kabinett übermittelte, sehen bereits nur einen eingeschränkten Spielraum für die Ministerien vor. So wird dort beispielsweise der Etat des Innenministeriums für 2020 mit 2,47 Milliarden Euro angegeben, in diesem Jahr sind es 2,54 Milliarden. In diesen Daten sind jedoch einige Ausgabenbereiche noch ausgeklammert. Trotzdem geht von den Zahlen das Signal eines warnenden Zeigefingers von Hilbers aus: Die Ministerien sollen ihre Vorschläge bitte drosseln, heißt es. Die Steuereinnahmen für den Haushalt 2020 sollen laut Finanzplanung gegenüber 2019 ein Plus von 3,8 Prozent beinhalten. Das erscheint mittlerweile als zu optimistisch.

Diese Themen könnten dem Haushalt zum Opfer fallen

Sollte es im Verlauf dieses Jahres tatsächlich zu einem drastischen Konjunktureinbruch kommen, so wären wahrscheinlich mehrere Projekte davon betroffen. Weniger gilt das für die Etats für Digitalisierung und für den Umbau der Uni-Medizin in Hannover und Göttingen. Da beides über Sondervermögen abgesichert ist und bereits hohe Beträge zur Seite gelegt wurden, kann hier der Rotstift weniger ansetzen. Auch die Rettung der Nord/LB, die außerhalb des Landeshaushalts geschieht und über Kredite abgewickelt werden soll, wäre durch eine Finanzkrise nicht bedroht.

Aber Themen wie Krankenhausinvestitionen, Hochschulbau, Erzieherausbildung, neue Polizisten und neue Lehrer könnten dann schon eher betroffen sein. Die Überlegungen, das Gehalt der Grundschullehrer auf mindestens A13 anzuheben und auch die Gymnasiallehrer zu entlasten, könnten am fehlenden Geld scheitern.

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Gleiches kann für Modelle gelten, die Pfleger-Ausbildung attraktiver zu gestalten und die Betreuung der Kindergarten-Gruppen mit noch mehr und noch besser ausgebildeten Erzieherinnen zu verbessern. Das ehrgeizige Wohnungsbauprogramm könnte zeitlich gestreckt werden, das Milliarden-Investitionsprogramm des Bundes, auf das die Kommunen hoffen, dürfte wesentlich bescheidener ausfallen. Ein anderes Vorhaben hingegen, das in der Regierungsarbeit derzeit wenig Priorität genießt, dürfte unter dem Gesichtspunkt nötiger Kürzungen aktueller denn je werden – die Arbeit der Kommission zur Reform der Landesverwaltung.