Der Spitzelverdacht gegen den islamischen Religionsverband Ditib in Niedersachsen hat im Kultusausschuss zu einer Debatte um die Besetzung des Landesschulbeirats geführt. Dem 35-köpfigen Beratungsgremium gehören unter anderem Vertreter von Eltern, Lehrern und Schülern sowie weiterer gesellschaftlicher Gruppen an. Bis zum ersten Quartal des kommenden Jahres muss entschieden werden, welchen Vertreter die islamischen Verbände in den Beirat entsenden. Dafür steht ein Platz zur Verfügung. Ditib und der Verband Schura müssten sich auf eine Lösung verständigen. Das Kultusministerium möchte zunächst einmal die weiteren Entwicklungen abwarten. Sollte man mit Ditib in dem Beirat nicht zusammenarbeiten wollen, müsste dies zuvor der Landtag entscheiden, weil dafür eine Änderung des Schulgesetzes nötig wäre. In Bezug auf den Religionsunterricht sei die Zusammenarbeit mit Ditib weiterhin vertrauensvoll und konstruktiv, sagte Petra Crysmann, Referatsleiterin im Kultusministerium, im Landtagsausschuss. „In der Praxis gibt es keine Anhaltspunkte, dass Ditib Inhalte, die nicht vom religiösen Selbstbestimmungsrecht gedeckt sind, in den Religionsunterricht transportiert hat.“ Daher gebe es derzeit keinen Anlass, die Zusammenarbeit mit Ditib im Rahmen des Religionsunterrichtes in Frage zu stellen.

Findet den Umgang der Landesregierung mit dem Verband Ditib nicht stimmig: Der CDU-Politiker Kai Seefried – Foto: CDU-Fraktion Niedersachsen

Der schulpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Heiner Scholing, hält es nach wie vor für richtig, dass Ditib und Schura zusammen einen Vertreter für den Landesschulbeirat bestimmen können. „Ditib ist und bleibt als größter islamischer Dachverband weiterhin ein Ansprechpartner für uns und die niedersächsische Schulpolitik“, so Scholing. Es sei aber ebenso klar, dass es für die weitere, vertrauensvolle Zusammenarbeit eine eindeutige Trennung von türkischen Staatsbediensteten und Ditib-Funktionären innerhalb der Strukturen des Verbandes brauche. Die CDU im Landtag sieht bei der Landesregierung keinen stimmigen Umgang mit dem Verband Ditib und fordert, die Position in der Zusammenarbeit zu klären. „Auf der einen Seite werden die Verhandlungen über einen Vertrag mit den muslimischen Verbänden abgebrochen. Auf der anderen Seite soll es beim Landesschulbeirat und dem islamischen Religionsunterricht einfach so weiter gehen, wie bisher. Das passt nicht zusammen“, monierte der schulpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Kai Seefried, nach der Sitzung. Die Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) sprechen sich derweil klar gegen einen Ditib-Vertreter im Beirat aus. „Gerade vor dem Hintergrund der eskalierenden religiösen Auseinandersetzungen im Nahen Osten und der Türkei halten wir die Ausweitung der Einflussnahme auf schulische Angelegenheiten durch zum Teil aus dem Ausland finanzierte Organisationen für das falsche Signal“, kritisierte UVN-Hauptgeschäftsführer Volker Müller. Ohnehin trage die Einbindung konfessioneller Vereine einzelner Migrantengruppen in die Gremien des Landes zur religiösen Aufladung des öffentlichen Raumes und der staatlichen Beratungsgremien bei. „Dieses Vorhaben teilt unsere Gesellschaft, anstatt Gemeinsamkeiten zu schaffen“, so Müller.

Das Verhältnis zwischen dem Land und der Religionsgemeinschaft Ditib wird aktuell in gleich zwei Fällen auf eine harte Probe gestellt. Für Irritationen sorgte die die Wahl eines von der Türkei entsandten Imams in den niedersächsischen Ditib-Verband. Hinzu kommt der Verdacht gegen einen Ditib-Imam, der in Braunschweig Anhänger der Gülen-Bewegung ausspioniert haben soll. Die Landesregierung sieht jetzt Ditib am Zug. „Wir haben Ditib Fragen gestellt – und es liegt an ihnen, diese zu klären“, sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen am Freitag in Hannover. Die Landesregierung sei bisher kooperativ im Umgang mit dem Ditib-Landesverband, doch man sei zu einer veränderten Haltung bereit. Eine Frist für diese Klärung gebe es nicht. Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil hatte sich in einem Schreiben an den niedersächsischen Ditib-Vorsitzenden Yilmaz Kilic gewandt. Dieser machte deutlich, dass er Spionage im Verband nicht hinnehmen wolle. Wenn sich der Verdacht bestätige, sei der betreffende Imam für ihn nicht mehr tragbar, so Kilic.