Der Präsident des Niedersächsischen Städtetages, Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD), fordert das Land zu einer Bundesratsinitiative auf: Die Ausnahmegenehmigungen für Flüchtlingsunterkünfte in Gewerbegebieten, von denen viele Ende dieses Jahres auslaufen, müssten unbedingt verlängert werden. „Ich erwarte diesen Schritt von der Landesregierung. In vielen Städten herrscht Wohnungsnot, und wir werden die Integration von Flüchtlingen nur schaffen, wenn wir auch zu weiteren Übergangslösungen bereit sind“, sagte Mädge im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Wie der Lüneburger Oberbürgermeister betont, soll sich das von Olaf Lies (SPD) geführte niedersächsische Umweltministerium, das für die Baupolitik zuständig ist, ablehnend gegenüber dem Wunsch der Kommunen nach einer Bundesratsinitiative gezeigt haben. „Das Verhalten des Ministeriums ist für mich unverständlich“, fügt Mädge hinzu.

In vielen Städten herrscht Wohnungsnot, und wir werden die Integration von Flüchtlingen nur schaffen, wenn wir auch zu weiteren Übergangslösungen bereit sind.

Als sich im Herbst 2014 die neue Welle an Zuwanderung ankündigte, entschlossen sich die Politiker in Bund und Ländern zu einer Beschleunigung und Vereinfachung von Bauvorschriften. Die Voraussetzungen für Unterkünfte, die Flüchtlingen zur Verfügung gestellt wurden, sind bei dieser Gelegenheit abgesenkt worden. Mit der damaligen Novelle des Baurechts konnten solche Heime in Gewerbegebieten entstehen. Dort sind üblicherweise Wohnungen nicht erlaubt, da die Geräuschkulisse von Lieferverkehr und Produktionslärm zu hoch ist. Auch die Unterbringung von Asylbewerbern in Containern wurde seinerzeit erlaubt.


Lesen Sie auch:

„Wir können den Verbrennungsmotor nicht aus der Stadt verbannen“


Juristen interpretieren die damaligen Beschlüsse so, dass die Herberge in Containern nicht zeitlich befristet ist, eine einmal erteilte Genehmigung bleibe bestehen. Sofern diese Anlagen aber in Gewerbe-, Industrie- und Sondergebieten stehen, wird von einem Ablauf der für drei Jahre erteilten Genehmigung ausgegangen. Da das im Bundesgesetz ausdrücklich als Ausnahme formulierte Sonderrecht bis Dezember 2019 begrenzt ist, fordert der Städtetag jetzt ein Einschreiten der Landesregierung. „Frau Merkel und Herr Weil betonen immer, dass die Integration der Flüchtlinge eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen ist. Wenn sie das so sehen, dann sollten sie auch entsprechend handeln.“

Frau Merkel und Herr Weil betonen immer, dass die Integration der Flüchtlinge eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen ist. Wenn sie das so sehen, dann sollten sie auch entsprechend handeln.

Aus der Landesregierung ist derweil zu hören, die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge habe deutlich abgenommen. Die Zeit von Sonder- und Ausnahmeregeln müsse vorbei sein, deshalb bestehe ein Interesse daran, dass die Kommunen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung ansteuern – und über Bebauungsplanverfahren Grundlagen für Flüchtlingsunterkünfte schaffen. Im Übrigen würden Ausnahmegenehmigungen in das kommunale Planungsrecht eingreifen, weitere derartige Sofortmaßnahmen des Bundes seien hier also nicht sinnvoll.

Mädge erwidert darauf, diese Absicht sei zwar verständlich. Da aber überall Wohnungsnot herrsche, würde die Auflösung von Flüchtlingsheimen in Gewerbegebieten die Probleme vor Ort noch vergrößern. „Das Werkzeug, das uns der Bund vor Jahren zur Verfügung gestellt hatte, sollte deshalb weitere fünf Jahre lang wirksam sein“, sagt der Lüneburger Oberbürgermeister. Die Forderung stößt bisher allerdings nicht nur bei Lies auf Vorbehalte, sondern offensichtlich auch beim Bundesinnenministerium, das für Baufragen zuständig ist. Mädge sagt, allein in Lüneburg gebe es zwei Asylbewerberheime in Gewerbegebieten. Falls Land und Bund untätig blieben, werde er gezwungen sein, diese aufzulösen und neue Wohnungen für sie anzumieten. „Bei der gegenwärtigen Lage auf dem Wohnungsmarkt weiß ich nicht, wie ich das hinbekommen soll“, meint der Oberbürgermeister.


Lesen Sie auch:

„Die Landespolitik lächelt das versprochene Milliarden-Programm für Kommunen einfach weg“