Im Konflikt um die Arbeitszeit der Lehrer sucht der Philologenverband in Niedersachsen jetzt den direkten Konflikt mit der Landesregierung – und zwar vor Gericht. Genau an diesem Freitag vor zwei Jahren hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die beschlossene Mehrarbeit von Lehrern gekippt. Das Land habe aus der „blamablen Niederlage vor Gericht nichts gelernt“, kritisiert der Verband. „Viel Wind und wenig Ergebnisse hat es seitdem gegeben“, sagt Horst Audritz, Vorsitzender des Philologeverbandes. „Die Lehrer beschweren sich und sagen: wie man uns behandelt, so geht es überhaupt nicht weiter.“ Die Kollegen erwarteten den Rechtsschutz des Verbandes und den würden sie auch bekommen, um ihre Rechte einzuklagen. „Die Prozesse werden wir alle gewinnen. Ich weiß nicht, warum das Land es darauf ankommen lassen will“, sagt Helga Olejnik vom Philologenverband.

https://soundcloud.com/user-385595761/zoff-um-die-lehrer-arbeitszeit-jetzt-geht-es-vor-gericht

Das Land verstoße mehrfach gegen bindendes Recht. Die Leidtragenden seien zum Beispiel Lehrer, die in diesem Jahr Abiturprüfungen in korrekturintensiven Fächern wie Deutsch, Englisch, Französisch oder Mathematik abnehmen mussten. Die Arbeiten im länderübergreifenden Aufgabenpool seien auf Wunsch Bayerns erst sehr spät geschrieben worden. Deswegen hätten die Lehrer nur zwei Wochen Zeit für die Korrekturen gehabt und mussten innerhalb dieser Zeit auch ganz normal weiter unterrichten. Das habe in den beiden Wochen zu einer Arbeitszeit von 80 Stunden pro Woche geführt. „Das ist nicht leistbar und viele Kollegen sind unglücklich, weil sie dadurch nicht sorgfältig korrigieren konnten. Hier läuft bereits ein Rechtsschutz-Fall“, sagt Olejnik. Beschwerden von Lehrern habe eine Schulbehörde „abgebügelt“. Dabei werde in diesem Fall sogar gegen die EU-Arbeitszeitrichtlinie verstoßen. Demnach darf pro Woche nicht mehr als 48 Stunden gearbeitet werden. Es gebe Briefe von Kollegen, in denen sei zu lesen: „Jetzt sind wir fertig mit den Korrekturen, jetzt sind wir krank.“ Damit falle der Unterricht bis zu den Sommerferien aus. Für das nächste Jahr zeichne sich das Problem erneut ab, weil die Zeit zwischen Abiturprüfungen und Sommerferien erneut sehr knapp sei.

Lesen Sie auch:

 

Der Philologenverband kritisiert auch die hohe Zahl der Überstunden. „Es wird angehäuft und angehäuft. Es gibt Lehrer, die hunderte Stunden vor sich herschieben, die nicht abgebaut werden“, so Olejnik. Dabei sollte laut Arbeitszeitverordnung am Ende des Schulhalbjahres die Zahl von 40 Überstunden nicht überschritten werden. Ein Kollege habe so viele Überstunden, dass er praktisch ein ganzes Jahr nicht unterrichten könne. „Das kann einfach nicht sein. Hier muss die Ministerin eingreifen.“ Stattdessen verschließe das Kultusministerium die Augen vor diesem rechtswidrigen Handeln. Dem Verband zufolge werden auch nach wie vor Teilzeitkräfte nicht so entlastet, wie es Recht und Gesetz vorsieht.

Die Landesregierung stehe dem Gymnasium nicht gerade freundlich gegenüber, monieren die Philologen. „Früher hat man sich zusammengesetzt und versucht, sich zu einigen“, erinnert sich Olejnik. „Jetzt geht es um Rechtsvorschriften, und da kann man sich eigentlich nicht uneinig sein.“ Jetzt halte sich das Ministerium und die Kultusministerin für so mächtig und wichtig, dass man sich verweigere.