Liebe Leserinnen und Leser,

die Vorzeichenregel „Minus mal Minus ergibt Plus“ hat vielen Schülern im Matheunterricht übles Kopfzerbrechen bereitet. Dabei ist diese Regel gar nicht so abstrakt wie gemeinhin behauptet wird, sondern durchaus auch in der Lebenswirklichkeit zu finden. Nehmen Sie nur den Women-On-Board-Index (WoB-Index) für Niedersachsen, der die Unternehmen im Land nach dem Frauenanteil in ihren Aufsichtsgremien und in der Topmanagement-Ebene bewertet.

Mathematik kann ganz einfach sein, wenn man den Wirklichkeitsbezug versteht. | Foto: GettyImages/dtv2

2022 gehörten zu den Schlusslichtern des WoB-Index unter anderem der Landmaschinenhersteller Krone, die VHV Versicherung sowie die Verlagsgesellschaft Madsack. Wer diese Firmen im aktuellen Ranking für 2023 sucht, wird sie nun auf dem letzten Platz nicht mehr finden – und auch nicht weiter oben in der Tabelle. Was ist passiert? Sind die drei in die 2. Niedersächsische WoB-Liga abgestiegen? Firmieren sie jetzt unter einem anderen Namen? Haben sie sich aufgelöst oder Indexflucht in ein Führungskräfteparadies begangen? Nichts von alledem. Die oben genannten Unternehmen erfüllen die Kriterien für den WoB-Index nicht mehr und sind deswegen aus dem Ranking komplett rausgeflogen.

In den Index werden nämlich nicht mehr die größten privatwirtschaftlichen Unternehmen nach Beschäftigtenzahl aufgenommen, sondern seit neuestem nur noch die größten privatwirtschaftlichen Unternehmen nach Beschäftigtenzahl, „die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen“. Das führt nun zu dem interessanten Szenario, dass Unternehmen deswegen keine schlechte Gleichstellungsbewertung bekommen können, weil ihre Beschäftigten weniger Rechte haben als in anderen Unternehmen.

Ob diese sogenannte „Nachschärfung“ Sinn macht, muss jeder selbst entscheiden. Auf mich wirkt das aber in etwa so schlüssig, als würde mein negativer Schufa-Eintrag gelöscht, weil ich nur noch mit Spielgeld bezahle. Oder als würden meine Punkte im Flensburger Verkehrsstrafenregister auf Null zurückgesetzt, weil ich eine Schnapszahl erreicht habe. Mathematiker werden das anders sehen, denn, wie eigens schon erwähnt, wissen sie: Minus mal Minus ergibt ja schließlich Plus.



Mehr zum Frauenführungskräfte-Index erfahren Sie im heutigen Rundblick, wo ich allerdings nicht auf die Schwächen des Systems eingehe, sondern mich auf die nützlichen Erkenntnisse der Studie beschränke. Dass wir gleichzeitig über den Personalwechsel bei der Zentralen Polizeidirektion (ZPD) berichten, bei dem der kommissarische Polizeipräsident Uwe Lange seinen Posten für eine Frau räumen muss, ist allerdings purer Zufall. Die Tatsache, dass für die Umbesetzung die ehemalige Gleichstellungsministerin Daniela Behrens verantwortlich ist und Lange offenbar der Rückhalt für einen männlichen Chauvinisten zum Verhängnis wurde, sei hier ebenfalls nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Und unvollständig wäre der Rundblick natürlich auch ohne einen Hintergrund-Artikel, in dem heute Klaus Wallbaum einen Ausblick auf die anstehenden Zukunftsentscheidungen bei der Nord/LB gibt.

Viel Spaß beim Lesen,

Ihr Christian Wilhelm Link