Dass Deutschland zuletzt ein schwarz-rot-goldenes Farbenmeer war, ist schon ein paar Jahre her. Damals, im Sommermärchen des Jahres 2006, war die Welt zu Gast bei Freunden. Und das Unbehagen der Deutschen mit ihren Nationalfarben schien vom Winde verweht.

Doch diese Zeiten sind vorbei. Fußball begeistert nicht mehr, zumindest die deutsche Nationalmannschaft der Männer nicht. Und Meisterschaften, ja Wettbewerbe insgesamt scheinen nicht mehr so richtig en vogue zu sein. Die Deutschlandfarben auch nicht.

Haben es nicht leicht: Deutschlands Nationalfarben Schwarz, Rot und Gold. | Foto: filipefrazao via Getty Images

Es ist keine zwei Wochen her, da konnte man von einem kuriosen Vorgang in Laatzen (Region Hannover) lesen. Da hatten doch tatsächlich Vandalen „nationalistische Farben“ auf einen Verteilerkasten gemalt. Der Energieversorger Enercity habe eine Anzeige erwogen, berichtete die Lokalzeitung und ließ die Leser wissen, dass die Tat, bei der auch das Wort „Deutschland“ auf den unansehnlichen grauen Block geschrieben wurde, „einen nationalistischen bis rechtsgerichteten Eindruck“ erwecke.

Zweifellos: Anderer Leute Eigentum anzumalen, ist nicht nett. Doch sind die Farben Schwarz, Rot und Gold nun schon nationalistisch? Vielleicht sollten die Sicherheitsbehörden diesen Hinweis ernstnehmen und das Erkennungszeichen der Neuen Rechten in ihrer Kartei abspeichern. Womöglich wäre es sogar ratsam, sämtliche Gebäude ins Visier zu nehmen und nachrichtendienstlich zu untersuchen, die sich mit diesem neuen Geheimcode schmücken. Sie merken: Wir sind da einer großen Sache auf der Spur!

Ein Hort der Nationalisten? Wohl kaum. | Foto: Kleinwächter

Freilich ist das überzogen, quasi alles an dieser Geschichte. Doch so kurz vorm Tag der Deutschen Einheit muss sich der deutsche Michel vielleicht wieder einmal fragen, wie er sich selbst eigentlich so findet oder: warum er sich selbst so wenig ausstehen kann.

Der Fahnenstreit greift derweil um sich. So konnte man zuletzt etwa lesen von Berlinern, die sich via Treppenhausaushang über die Angemessenheit einer am Balkon angebrachten Deutschlandfahne stritten. In Mühlheim bei Offenbach habe ein krimineller Clan aus Rumänien die Deutschlandfahne als Fußabtreter vor der Kellertreppe zweckentfremdet. In Burg im Spreewald haben Unbekannte die Regenbogenfahne am Fahnenmast einer Schule entfernt und durch die Deutschlandfahne ersetzt. Und zuletzt soll ein Mann am Nürnberger Hauptbahnhof die Deutschlandfahne verbrannt und den Hitlergruß gezeigt haben.



Einiges läuft da offenbar schief in dem Land, das sich der eigenen Selbstzuschreibung folgend dereinst „aus der Schwärze der Knechtschaft durch blutige Schlachten ans goldene Licht der Freiheit“ gekämpft hat. Und auch mit dem Zusammenwachsen ist das ja so eine Sache, über die man dieser Tage ganz besonders nachdenken sollte. Rundblick-Chefredakteur Klaus Wallbaum hat sich deshalb kürzlich einen ganz besonderen Ort der Einheit angesehen, an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze, wo nun eine Fähre fährt und noch immer keine Brücke steht. Wie man in Neu Darchau darüber nachdenkt, nun vielleicht doch eine Brücke zu bauen, erfahren Sie heute im Rundblick.



Außerdem berichten wir über folgende Themen, die allesamt viel über den aktuellen Zustand der Republik aussagen:

• Rechnungshofbericht: Sandra von Klaeden, Präsidentin des niedersächsischen Landesrechnungshofs, hat am Donnerstag ihren umfangreichen Kommunalbericht zuerst dem Parlament und dann der Landespresse vorgestellt. Auch darin geht es um Brücken, allerdings solche, die bereits stehen aber nicht mehr tragen.

• Zuwanderung: Allein von Mittwoch zu Donnerstag seien 229 neue Asylbewerber nach Niedersachsen gekommen, hieß es im Landtags-Innenausschuss. Die Aufnahmeeinrichtungen des Landes kommen damit immer häufiger an ihre Grenzen, weshalb die Kommunen früher übernehmen sollen. Nun verspricht man den Gemeinden, sie auch rechtzeitig zu informieren.

• Lechners Pläne: Niedersachsens CDU-Chef Sebastian Lechner fordert drastische Verschärfungen der Asyl-Bestimmungen. Das sagte er bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung, in der über die Grundwerte der Partei diskutiert wurde.

Wir machen eine ganz kurze Pause. Die nächste Ausgabe des Rundblicks wird jene für den 4. Oktober sein, die Sie am 3. Oktober ab 22 Uhr in Ihrem Mail-Postfach finden werden.

Ich wünsche Ihnen ein schönes, vielleicht ja langes Wochenende und einen erbaulichen Tag der Deutschen Einheit!

Ihr Niklas Kleinwächter