Der Drogist, Milliardär und „Bestsellerautor“ Dirk Rossmann überschrieb seine Autobiografie einst mit dem Satz: „…dann bin ich auf einen Baum geklettert“. Ich habe das Buch nie gelesen, doch dank finanzstarker Werbekampagnen hat sich der Titel tief in mein Gedächtnis eingebrannt.

In der vergangenen Woche nahm die Rossmann-Phrase wieder übermäßig viel Platz in meinem Kopf ein, denn ich fragte mich: Wann ist er dann eigentlich wieder runtergeklettert von seinem Baum? Vielleicht hätte ich es doch lesen sollen. Andererseits … nein.

Wer auf den Baum klettert, muss irgendwann auch wieder runterkommen. | Foto: kieferpix via Getty Images

Grund für meine innere Befragung waren die Bauern, die sich am Mittwoch vorm Landtag versammelt hatten. Oder davor bei unseren Kollegen vom NDR. Oder danach bei unseren Kollegen von der Nordsee-Zeitung. Wie kann man die wieder vom Baum holen, auf den sie zuvor so wutschnaubend geklettert sind?

In Hannover fragte ich einen der Demonstranten, was sich denn ändern müsste, damit er und seine Kumpane wieder aufhörten. Nicht weniger als „alles“ war die Antwort. Denn schließlich liefe ja alles verkehrt. Was nützt es da dann überhaupt noch, die Agrardiesel-Steuerrückerstattung wieder einzuführen, frage ich mich. Was kriegen diejenigen auf dem Baum der Erregung denn noch mit von dem, was dann an den Verhandlungstischen dieser Republik herauskommt? Ich fürchte, zu wenig, um herunterzuklettern.

Weniger pessimistisch hat sich Matthias Ditzen-Blanke, Verleger der Nordee-Zeitung und Vorsitzender des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger, mit der Situation auseinandergesetzt. Auf LinkedIn schrieb er, er habe anlässlich des Protestes gegen die Berichterstattung seiner Zeitung diese noch einmal durchgesehen und teile die Kritik daraufhin ausdrücklich nicht. Jedoch schrieb er selbstkritisch-konstruktiv:

„Die Ereignisse unterstreichen jedoch die Notwendigkeit, unseren Dialog mit der Öffentlichkeit weiter zu vertiefen.“

Aufgrund der veränderten Mediennutzung würden Informationen selektiv aufgenommen und die Nutzer würden sich oft unbewusst in Echokammern wiederfinden, analysiert er. Kooperationsgespräche zwischen Redaktion und Demonstranten hätten aber die Möglichkeit eröffnet, Missverständnisse aufzuklären und gemeinsame Lösungen zu finden. Angesichts des Wandels der Medienlandschaft konstatiert Ditzen-Blanke:

„Wir müssen nicht nur informieren, sondern auch erklären und vermitteln – und dabei stets offen für Feedback und Kritik sein.“

Da stimme ich ihm natürlich zu. Ich weiß freilich auch, dass man die Menschen so nehmen muss, wie sie eben sind. Ganz will ich die andere Seite aber auch nicht aus der Pflicht entlassen und ergänze deshalb: Wer politisch mitreden will, muss sich eben auch informieren – und das am besten über ein ganzheitliches Medienangebot und nicht nur anhand von Überschriften, die in Whatsapp-Gruppen weitergeleitet werden.

Die taugen zwar, um die Leute auf den Baum zu treiben – aber nicht, um sie von dort wieder runter zu holen.



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Ihr Niklas Kleinwächter