Bedroht die anhaltende Trockenheit die Landwirtschaft in Niedersachsen? Nachdem bereits das vergangene Jahr sehr trocken war, schlägt der Deutsche Wetterdienst (DWD) auch für 2019 Alarm. Udo Busch, Leiter der Agrarmeteorologie des DWD, erklärte: „Sollte die trockene Witterung in den kommenden Monaten anhalten, könnte sich die Dürre des Jahres 2018 wiederholen oder sogar übertroffen werden.“

Die Startbedingungen für die Vegetation seien in diesem Jahr außerordentlich schlecht, weil der vergangene Sommer so extrem heiß war. Besonders bedroht sei der Osten Deutschlands, warnt der DWD. Doch auch im Nordwesten fehle 90 Prozent des durchschnittlichen Niederschlags, erklärte Wolfgang Ehrecke, Sprecher der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Dadurch sei der Boden nicht ausreichend gewässert und vor allem Pflanzen mit tiefen Wurzeln wie Zuckerrüben hätten dadurch Probleme.

Die Startbedingungen für die Vegetation sind in diesem Jahr außerordentlich schlecht –  Foto: Bits and Splits

Die Landwirtschaftskammer stelle sich nun auf eine präzisere Beratung zu hitzebeständigen Kulturen ein, sagte Ehrecke im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Auch das Interesse an Informationen zur künstlichen Bewässerung steige. Das konnte auch Ekkehard Fricke vom Fachverband Feldberegnung feststellen. „Seit dem vergangenen Jahr haben wir so viele Anfragen wie noch nie.“ Zahlreiche Betriebe wollen mit künstlicher Beregnung den Dürreschäden vorbeugen. Doch die Ressourcen sind begrenzt, warnte Fricke. „Es gibt Regionen, in denen das nutzbare Dargebot der Grundwasservorräte weitgehend verteilt ist“, erklärte der Beregnungsexperte.


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Landwirte müssen für Jahre im Voraus bei der unteren Wasserbehörde anmelden, wie viel Wasser sie für ihren Betrieb benötigen werden. Dadurch soll eine Konkurrenz zum Trinkwasser oder mit anderen Bereichen wie etwa der Industrie ausgeschlossen werden. Abweichungen in besonders feuchten oder besonders trockenen Jahren seien zwar möglich und auch normal, erklärte Fricke. „Aber die Natur kann nicht unbegrenzt beansprucht werden.“ In den Regionen, in denen bereits intensiv bewässert wird, wie zum Beispiel in Hannover, Celle oder Peine, sieht der Experte die Grenzen bald erreicht. Ob hier Anträge auf eine Erhöhung der Wasserkontingente für die Landwirtschaft positiv beschieden werden, bezweifelt Fricke. Für die Trinkwasserversorgung sieht er allerdings zu keiner Zeit eine Bedrohung.

Der Fachverband Feldberegnung reagiert nun in seinen wöchentlichen Beregnungshinweisen auf die vermeintlich drohende Dürre. Darin mahnen sie die Landwirte, nicht zu früh mit der Beregnung ihrer Felder zu beginnen. Momentan würde damit das Wintergetreide gewässert, das allerdings nicht so ertragreich sei. Fricke rät den Landwirten, die knappen Wasserressourcen eher für Kartoffeln, Zwiebeln und Braugerste aufzusparen. Auch Ehrecke von der Landwirtschaftskammer empfiehlt, eher Kartoffeln als Mais zu bewässern, weil sonst die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gewährleistet sei.

Wir können nicht alle auf Hirse umsteigen, was keinen Absatzmarkt hat.

Langfristig raten die Experten dazu, andere Pflanzenkulturen anzulegen oder die Fruchtfolgen zu verändern. Doch Entwicklungen in der Landwirtschaft brauchen Zeit, für dieses Jahr sind die Felder bereits bestellt. „Wir können keinen Schalter umlegen“, sagte Landvolk-Sprecherin Gabi von der Brelie gegenüber dem Politikjournal Rundblick. Veränderungen passierten vielmehr „gleitend und sukzessive“. Auch seien nicht alle Umstellungen, die möglich sind, auch wirtschaftlich realisierbar, weiß Fricke vom Beregnungsverband. „Wir können nicht alle auf Hirse umsteigen, was keinen Absatzmarkt hat.“

Vor Panikmache warnen das Landvolk und die Landwirtschaftskammer allerdings unisono. Die Lage sei zwar bedenklich und das Wetter beschäftige die Landwirte schon, erklärte von der Brelie. Aber man könne auch nicht seriös so weit in die Zukunft schauen. Der Wetterbericht reiche ja nur ein paar Tage. Dabei hoffe die Landwirtschaft nun aber dringend auf Regen. Ehrecke relativierte die Situation noch einmal: „Wir sind nicht so weit, dass die Brotversorgung gefährdet ist, wenn hier die Ernte schlechter ausfällt.“ Der Markt sei global aufgestellt und nicht auf regionale Ernte angewiesen.