Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) meint, dass eine „Untergrenze“ der Zahl der Wölfe in Niedersachsen schon erreicht ist. Im Podcast mit Rundblick-Redakteur Niklas Kleinwächter sagte er, als „Untergrenze“ sehe er eine Zahl an, die nicht unterschritten werden darf, weil das Tier sonst vom Aussterben bedroht ist. Diese Basis sei in Niedersachsen längst erreicht. Vor vier Jahren, als er Umweltminister wurde, habe es zehn Wolfsrudel im Lande gegeben – heute seien es 39. Man schätzt die Zahl der Tiere hierzulande auf 450.

Umweltminister Olaf Lies (rechts) im Gespräch mit Rundblick-Redakteur Niklas Kleinwächter | Foto: Link

„Ich bin der Meinung, dass der ,günstige Erhaltungszustand‘, der rechtlich vorgeschrieben ist, damit längst erreicht ist. Das Problem ist aber, dass diese Situation immer bundesweit gemessen wird. Es kann aber aus meiner Sicht auf Dauer nicht so sein, dass das Fehlen eines einzigen Wolfes im Saarland oder die geringe Anzahl in Nordrhein-Westfalen der Grund dafür sind, dass die wachsende Population in Niedersachsen unberücksichtigt bleiben muss.“ Nachdrücklich warb Lies dafür, auf EU-Ebene die europarechtlichen Spielräume zu nutzen und eine regionalisierte Betrachtung bei der Beurteilung des „günstigen Erhaltungszustandes“ zu ermöglichen. Das gelte auch für die Frage einer Obergrenze und für die generelle Abschusserlaubnis für Wölfe.

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Lies, der seit 2017 Umweltminister und damit der für den Wolf zuständige Minister ist, forderte von den Menschen in städtischen Räumen „mehr Verständnis für diejenigen, die auf dem Land leben und den Wolf ganz anders beurteilen“. „Wenn man im vierten Stock wohnt und mit dem Fahrstuhl fährt, redet man über das Tier ganz anders, als wenn man sich um seine Schafe auf dem Land Sorgen machen muss.“ Der SPD-Politiker selbst hat zuhause in Sande (Kreis Friesland) auf seiner Weide auch Esel und Rinder. Er habe die Weide allerdings eingezäunt, aber seine Nachbarn, die Milchkühe halten, könnten das nicht machen.

„Wenn man im vierten Stock wohnt und mit dem Fahrstuhl fährt, redet man über das Tier ganz anders, als wenn man sich um seine Schafe auf dem Land Sorgen machen muss.“

Derzeit gelte der Grundsatz, Schafe und Ziegen mit Zäunen zu schützen, während für Pferde und Rinder die Herde selbst der Schutz sein solle – dass also die Gruppe der Tiere eine Wolfsangriff unwahrscheinlich machen soll. Noch reichten die fünf Millionen Euro für Zaunbau und Entschädigung für Wolfsrisse. Für die Kreise Friesland und Wesermarsch sei mal berechnet worden, was eine komplette Einzäunung aller Wiesen für Pferde und Rinder kosten würde – nämlich mehr als 100 Millionen Euro. „Da kann man Zweifel haben, wie praktikabel das ist“, sagt der Umweltminister.

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Die Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss problematischer Wölfe seien ein richtiger Weg. Er halte aber wenig davon, einzelne Tiere („den Rodewalder Rüden“) namentlich zu identifizieren und fast schon zu personalisieren. Falsch sei es, den Forderungen der Grünen zu folgen und jede Ausnahmegenehmigung für den Wolfsabschuss, samt Jagdgebiet zu veröffentlichen. Oft würden Jäger, die Wölfe jagen, von radikalen Gruppen bedrängt, es seien schon Hochsitze angesägt worden. „Viele Jäger haben Angst, dass sie bloßgestellt, beschimpft und ihre Familienmitglieder beleidigt werden. Ich werbe dafür, zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Auf allen Seiten muss die Diskussion sachlicher werden. Sie darf nicht so emotionalisiert werden“, betont Lies.

In zehn Jahren, sagt Lies, müsse die Lage in Niedersachsen entspannt sein – es müsse eine Regelung geben, dass der bisher sprunghafte Anstieg der Zahl der Wölfe wieder gebremst wird und die Jäger Wölfe schießen können, ohne das Risiko einer Bestandsgefährdung einzugehen. „Heute sitzen viele Landwirte an ihren Weiden und hoffen, dass der Wolf nicht wieder kommt. Das ist keine Lösung auf Dauer.“ Von sogenannten „wolfsfreien Zonen“ an Deichen oder in bestimmten Gegenden hält Lies wenig. Die Bezeichnung von Arealen, in denen dann Wölfe gejagt werden dürfen, sei „menschlich nachvollziehbar, aber rechtlich nicht umzusetzen“.