Die Jagd nach dem Rodewalder Wolf geht ins nächste Kapitel: Über ein Jahr lang wurde die Sondergenehmigung zur Entnahme des Problemwolfs aus dem Kreis Nienburg Monat für Monat verlängert. Weil die Suche aber ergebnislos geblieben war, hatte man sich im März dazu entschlossen, das Vorhaben abzubrechen. Doch nun hat das niedersächsische Umweltministerium bekanntgegeben, dass bereits vor etwas mehr als fünf Wochen – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit – erneut eine solche Ausnahmegenehmigung erteilt wurde.

Umweltminister Olaf Lies (SPD) begründet diesen Schritt damit, dass es wider Erwarten zu problematischen Vorfällen gekommen sei. So wurde etwa im Mai ein zwölf Monate altes Rind in Altenwahlingen (Landkreis Heidekreis) gerissen. Im Juni folgte ein Wolfsangriff auf zwei Pferde im Landkreis Nienburg, bei dem DNA-Spuren des Rodewalder Rudels an den Bisswunden festgestellt wurden. „Leider hat sich damit die ursprüngliche Befürchtung bestätigt: Der Rodewalder Rüde reißt nicht nur weiter Rinder und Pferde, sondern hat inzwischen diese problematischen Jagdtechniken an sein Rudel weitergegeben“, erklärte Lies gestern. „Wenn zumutbarer Herdenschutz von Wölfen überwunden wird, muss rechtzeitig reagiert werden – im Interesse einer artgerechten Weidetierhaltung, aber auch um die Akzeptanz für Wölfe bei uns zu erhalten.“


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Im Vergleich zur bisherigen Suche nach dem Rodewalder Wolf schlägt das Umweltministerium nun neue Wege ein. Bemerkenswert ist zunächst, dass laut Information des Ministeriums die Möglichkeit eingeplant ist, nach und nach Wölfe des betroffenen Rudels zu entnehmen (also zu töten), bis der gesuchte Rüde mit der Kennung „GW 717m“ gefunden wurde. Dabei beruft sich das Ministerium auf das neue Bundesnaturschutzgesetz, wonach eine Identifizierung des Tieres anhand seiner Nähe zu einem Riss-Ereignis erlaubt wird, wenn dies aus der Ferne anhand von optischen Merkmalen nicht möglich ist. Nach Erklärung des Ministeriums soll nach jeder Entnahme eines Wolfes überprüft werden, ob die Nutztierrisse nachlassen, oder falls möglich per DNA-Analyse überprüft werden, ob es sich um das gesuchte Tier handelt.

Weiterhin ist bemerkenswert, wer nun mit der Suche nach dem Rodewalder Wolf beauftragt ist. Im Umweltministerium möchte man sich zu dem genauen Vorgehen zwar nicht äußern, um die handelnden Personen zu schützen und das gesamte Unterfangen nicht zu gefährden. In der Erklärung des Ministeriums ist daher nur von „geeigneten Personen im gesetzlichen Sinne“ die Rede. Hinter dieser Bezeichnung verbergen sich offenbar örtliche Jäger. In der Vergangenheit war noch ein international tätiger Fallensteller als externer Dienstleister mit der Jagd beauftragt gewesen. Bereits im Januar hatte Lies erklärt, dass er auch künftig auf ortskundige Jäger setzen möchte. Eine dritte Änderung zum bisherigen Vorgehen bezieht sich auf die Dauer der Ausnahmegenehmigung. Die am 17. Juli vom Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) erteilte Genehmigung gilt beinahe sechs Monate und endet erst am 31. Dezember. Die frühere Ausnahmegenehmigung war monatlich verlängert worden.

Grüne fordern rechtliche Prüfung

Das vom Umweltministerium gewählte Vorgehen sorgt bei den Grünen derweil für Irritationen. Christian Meyer, Wolfsexperte der Grünen-Fraktion im Landtag und früherer Landesagrarminister, nennt das Verhalten des Umweltministers „dreist“ und „ungewöhnlich“. Da die erneute Ausnahmegenehmigung bislang nicht veröffentlicht worden war, sei eine Klage und damit eine rechtliche Überprüfung gar nicht möglich gewesen, beklagt Meyer im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Das sei auch für die mit der Entnahme beauftragten Jäger gefährlich, da die Rechtssicherheit des Verfahrens ungeklärt bleibe.

Meyer hält die sukzessive Tötung der nicht weiter identifizierten Tiere des Rodewalder Rudels für problematisch. Dabei verweist er auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg. Dieses hatte Ende Juni geurteilt, dass das Bundesnaturschutzgesetz „eine Tötung von Wölfen ohne konkrete Identifizierung als schadensverursachendes Tier nur in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit bisherigen Riss-Ereignissen“ erlaube. Ob von einem solchen engen zeitlichen Zusammenhang noch die Rede sein könne, wenn sich die beschriebenen Risse im Mai und Juni ereignet haben, bezweifelt der Grünen-Politiker.