Landvolk-Präsident Albert Schulte to Brinke zeigt sich irritiert über das Vorgehen der beiden großen Naturschutzorganisationen in Niedersachsen, die ein Volksbegehren für mehr Artenvielfalt planen. Der Naturschutzbund (Nabu) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erarbeiten zurzeit gemeinsam mit den Grünen ein Volksbegehren nach bayerischem Vorbild, das die Landesregierung zu einer Verschärfung der Maßnahmen für den Insekten- und Artenschutz zwingen soll.

Gesprächsbedarf: Landvolk-Präsident Albert Schulte to Brinke (r.) hat Nabu-Chef Holger Buschmann (l.) und BUND-Chef Heiner Baumgarten zum Gespräch geladen. – Foto: Nabu Nds, BUND Nds, Landvolk Nds/nkw

Bei der Interessenvertretung der Bauern in Niedersachsen wundert man sich jedoch über die Medienberichte zu diesen Plänen. „Wir haben in unseren bisherigen Gesprächen mit Vertretern beider Naturschutzverbände sehr deutlich die Hand ausgestreckt und ausdrücklich unsere Bereitschaft untermauert, für die Anliegen der Naturschutzverbände und mehr Artenschutz in der Landwirtschaft zu werben“, erklärte Schulte to Brinke am Montag. „Wir möchten dies im Konsens umsetzen.“

Der Landvolk-Präsident hat den Vorsitzenden des Nabu Niedersachsen, Holger Buschmann, sowie Niedersachsens BUND-Vorsitzenden Heiner Baumgarten zu einem Gespräch eingeladen, um sich über die Hintergründe des Volksbegehrens zu informieren.

Landvolk-Präsident: Bauern engagieren sich bereits

Beim Landvolk ist man über die Pläne der Naturschutzverbände offenbar deshalb besonders verwundert, weil es bereits verschiedene Projekte gibt, bei denen sich Landwirte in Niedersachsen für die Artenvielfalt einsetzen – auf freiwilliger Basis. Schulte to Brinke verweist dabei beispielhaft auf ein Programm des Deutschen Bauernverbandes, bei dem etwa Maßnahmen erprobt werden, die den Artenschutz erhöhen, ohne dabei wirtschaftliche Einbußen in den Agrarbetrieben nach sich zu ziehen.


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Auch das Land Niedersachsen fördert bereits gemeinsam mit der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung und der Stiftung Kulturlandpflege mit rund einer Million Euro das Fabian-Projekt, das in drei ausgewählten Gemeinden landwirtschaftliche Betriebe dabei unterstützt, unterschiedliche Schritte zum Naturschutz oder für die Biotopvernetzung zu erproben.

„Ich wünsche mir von den Naturschutzverbänden, dass unsere Gesprächsbasis über kooperative Ansätze erhalten bleibt und nicht versteckt hinter unserem Rücken schon die Pläne zur zwangsweisen Umsetzung über das Ordnungsrecht vorbereitet werden“, sagt Schulte to Brinke.

Nabu hat Forderungskatalog an Fraktionen gesandt

Wie Nabu-Sprecher Matthias Freter im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick erläuterte, hat der Verband bisher nur einen Forderungskatalog an die Landtagsfraktionen übersandt und mit Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sowie Umweltminister Olaf Lies (SPD) über die Forderungen gesprochen. Das Volksbegehren als solches sei noch in der Planung, also noch nicht gestartet.

Tilman Uhlenhaut, Stellvertretender Landesgeschäftsführer des BUND, sagte im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick, das Volksbegehren sei eher als der nächste Schritt gedacht, falls die Landesregierung keinen Willen erkennen lasse, mehr für den Artenschutz zu tun.

In dem Forderungskatalog gehe es nach Auskunft von Freter unter anderem darum, etwa den Biotopverbund auszubauen und mehr Lebensräume zu schaffen. Außerdem solle der Gewässerschutz vorangetrieben werden, zum Beispiel durch breitere Gewässerrandstreifen. Diese sollen verhindern, dass zu viel Nitrat und Phosphat aus der Düngung landwirtschaftlicher Flächen in die Flüsse gespült wird. Darüber hinaus fordern die Naturschutzverbände, dass Dauergrünland erhalten, der Moorschutz verbessert und der Ökolandbau ausgebaut werden soll.

Volksbegehren bräuchte 609.838 Befürworter

Für ein erfolgreiches Volksbegehren müssten mehrere Hürden genommen werden. Sobald die Initiatoren beim Landeswahlleiter angezeigt haben, dass sie ein Volksbegehren planen, müssten zunächst 25.000 stimmberechtigte Bürger mit ihrer Unterschrift den Gesetzentwurf unterstützen. Anschließend müsste die Landesregierung die Zulässigkeit feststellen, bevor dann sechs Monate Zeit blieben, in denen sich die Bürger in ihren Gemeinden für das Volksbegehren einschreiben können.

Die niedersächsische Landesverfassung sieht in Artikel 48 vor, dass das Volksbegehren zustande kommt, wenn zehn Prozent der bei der vorherigen Landtagswahl Stimmberechtigten zustimmen, also in diesem Fall 609.838 niedersächsische Bürger. In dem Fall muss die Landesregierung dann den Entwurf an den Landtag zur Beratung weiterleiten.

Sollte der Landtag den Entwurf jedoch ablehnen, käme es zu einem Volksentscheid, bei dem der Landtag auch einen eigenen Gesetzentwurf vorschlagen könnte. Bei einem Volksentscheid muss die „Mehrheit derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, jedoch mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten, dem Entwurf“ zustimmen, heißt es in Artikel 49 der Landesverfassung.