Kultusministerin Julia Willie Hamburg spricht im Landtag über die Wahlversprechen von Rot-Grün im Bildungssystem. | Foto: Niklas Kleinwächter

Lehrerbesoldung ab A13, ein digitales Endgerät für jedes Schulkind, mehr Lehrkräfte für Niedersachsen – es hat nicht lange gedauert, bis Niedersachsens neue Kultusministerin Julia Hamburg (Grüne) bei den bildungspolitischen Wahlkampfklassikern von Rot-Grün die Erwartungen deutlich dämpfen musste. Zum Jahreswechsel, also nur wenige Wochen nach der Amtsübernahme, informierte die neue Ministerin Schüler, Eltern und Lehrer per Schreiben darüber, dass das alles nicht so schnell gehen wird mit den Tablets und der Anhebung der Lehrerbesoldung für die Grund-, Haupt- und Realschullehrer. Einen anhaltenden Lehrermangel prognostizierte die Grünen-Politikerin sogar für die nächsten zehn Jahre.

Aber hat die neue Landesregierung damit nun schon ihre Wahlversprechen gebrochen? In der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion sieht man das so. In der Plenarsitzung am Donnerstag wollten sie nun wissen, wie es die neue Kultusministerin mit ihren Wahlversprechen hält. Diese sah in der „dringlichen Anfrage“ der CDU derweil eine willkommene Gelegenheit, ihre Pläne noch einmal einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen.

„Wenn Sie mir nach zwei Monaten vorwerfen, ich hätte nicht alle Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt, ist das schon deutlich beachtlich.“

Über das Drängeln der CDU-Fraktion zeigten sich Hamburg und Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sogar auf amüsierte Weise irritiert. „Wenn Sie mir nach zwei Monaten vorwerfen, ich hätte nicht alle Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt, ist das schon deutlich beachtlich“, sagte Hamburg und meinte, sie freue sich über „so viel Power und Druck“, mit denen die Christdemokraten die rot-grünen Projekte umsetzen wollen.

Auf die direkte Nachfrage von Christian Fühner (CDU), ob der Ministerpräsident auf seinen Wahlkampfveranstaltungen die Wähler mit dem Versprechen, dass jeder Schüler ein Tablet erhalten solle, bewusst getäuscht habe, sagte Weil: „Da sehen Sie mal, was Sie verpasst haben, weil Sie nie persönlich bei meinen Wahlveranstaltungen waren. Ich habe bei diversen Veranstaltungen darauf hingewiesen, dass das ein ambitioniertes Vorhaben ist.“ Dennoch sei „der Wille der Landesregierung eindeutig“ – man solle die neue Landesregierung allerdings erst am Ende der fünfjährigen Legislatur an ihren Erfolgen messen und nicht bereits vor Ablauf der ersten 100 Tage, meinte Weil.

Ministerpräsident Stephan Weil zeigt sich amüsiert über die Kritik der CDU-Fraktion, man habe im Bildungsbereich falsche Wahlversprechen gemacht. | Foto: Niklas Kleinwächter

Anhebung der Lehrerbesoldung soll ab 2024 greifen

Kultusministerin Hamburg bekräftigte zunächst, dass sich an dem Anliegen der Landesregierung nichts geändert habe: Für alle drei in Rede stehenden Projekte habe sie „direkt mit der Übernahme des Kultusministeriums“ die Umsetzung dieser Maßnahmen auf den Weg gebracht. Doch die Sachlage sei komplex, es brauche Zeit, um die Vorhaben auch korrekt auszuführen.

Die Anhebung der Besoldung für Grund-, Haupt- und Realschullehrer beispielsweise verlange eine Anpassung im Gesamtgefüge. Das beamtenrechtliche Abstandsgebot, die Grundsätze der Bestenauslese und der Gleichheitsgrundsatz müssten dabei beachtet werden. Das gilt sowohl für Gymnasiallehrer wie für andere Beamte im Allgemeinen. Hier befinde sich das Kultusministerium in der Abstimmung mit dem Finanzministerium, erklärte Hamburg.

Sich dabei an anderen Ländern wie Nordrhein-Westfalen zu orientieren, sei nicht so einfach möglich, weil die Funktionsstellen zu unterschiedlich seien, erklärte Hamburg auf Nachfrage. An einem konkreten Datum für die Einführung von „A13 für alle“ hält die Ministerin allerdings fest: Ab 2024 soll die Anhebung der Besoldung greifen – in dem ersten Jahr also, zu dem die rot-grüne Regierungsmehrheit erstmals einen eigenen regulären Haushalt ausgestalten kann. 

Tablets für Schüler: Hamburg wartet auf Verhandlungen mit dem Bund

Bei der Ausstattung der Schüler mit digitalen Endgeräten verweist Niedersachsens Kultusministerin unterdessen auf die noch laufenden Verhandlungen mit dem Bund zur Verwendung der Mittel aus dem „Digitalpaket 2.0“. „Natürlich kann man in der Vorbereitung nicht alleine auf Bundesmittel bauen, es wäre aber auch fahrlässig, anstehende Bundesprogramme im Sinne der haushälterischen Gestaltungsspielräume nicht mitzudenken.“ Es müsse zudem bei der Einführung neuer Geräte berücksichtigt werden, wie die Schulen bislang schon mit solchen Geräten ausgestattet sind und arbeiten.

Zur Lehrkräftegewinnung erklärte Hamburg, dass sie zunächst weiter darauf setzen wolle, durch pädagogische Mitarbeiter oder Verwaltungskräfte die bestehenden Lehrer-Reserven für den Unterricht freizusetzen. Ihr Haus sei zudem aktuell dabei, die Maßnahmen aus dem Fachkräftegewinnungs-Paket ihres Vorgängers, Grant Hendrik Tonne (SPD), auf Wirksamkeit hin zu überprüfen. Dabei solle auch herausgefunden werden, wie viel Potenzial etwa im Quereinstieg überhaupt noch liege.


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Die Philologenverbände der vier norddeutschen Bundesländer Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein veröffentlichten am Donnerstag einen gemeinsamen Appell, in dem sie neun konkrete Punkte zur Attraktivitätssteigerung des Lehrerberufs aufzählen. Die Unterrichtsverpflichtung sollte auf 23 Wochenstunden festgelegt und „attraktive Arbeitszeitmodelle“ eingeführt werden. Ab 55 Jahren sollten Lehrer eine, ab 60 Jahren zwei Stunden weniger unterrichten müssen. Der Fachunterricht sollte gestärkt und außerunterrichtliche Aufgaben verringert werden. Wer Koordinationsaufgaben übernimmt, sollte zusätzlich entlastet werden. Die Größe der Lerngruppen sollte auf 25, in der Oberstufe auf 18 Schüler begrenzt werden. Zudem sollten sich die Bundesländer bei der Besoldung, bei Bewerbungsterminen und Tauschverfahren besser synchronisieren.