Die Bußgeldzahlung von Volkswagen an den Landeshaushalt, die mit einer Milliarde Euro als ungewöhnlich üppig erschien, beschäftigt weiter den Landtag. Der Grünen-Haushaltspolitiker Stefan Wenzel hat Aufklärung verlangt und möchte gern Einblick nehmen in den Bußgeldbescheid, den die Staatsanwaltschaft Braunschweig verhängt hat. Das fordern auch Christian Grascha (FDP) und Peer Lilienthal (AfD). Bisher allerdings hat die Landesregierung nicht signalisiert, den Wünschen der Opposition entgegenkommen zu wollen. Was die Politiker dabei auch gern erfahren möchten, ist die Berechnungsmethode, nach der die Staatsanwaltschaft die Höhe der Geldbuße bemessen hat. Es handelt sich um ein reines Bußgeld von 5 Millionen Euro und eine Gewinnabschöpfung beim Unternehmen Volkswagen, die 995 Millionen Euro beträgt. Wie aber sind die Juristen auf die Zahl 995 Millionen Euro gekommen. In Landtagskreisen kursieren dazu verschiedene Mutmaßungen. Eine lautet, die Juristen seien von 10 Millionen Diesel-Fahrzeugen mit manipulativer Software ausgegangen. Wenn man die Software so eingebaut hätte, dass die Fehler beseitigt werden, hätte das je Fahrzeug knapp 100 Euro gekostet. Hochgerechnet auf 10 Millionen Fahrzeuge kommt dann eine Summe von 995 Millionen Euro heraus. Falls das so gewesen sein sollte, stellt sich die Frage, ob die Gewinnabschöpfung nach einer solchen Berechnung hoch genug angesetzt wurde – denn der Vorteil, den VW durch den Verkauf der manipulierten Fahrzeuge erzielte, war vermutlich weit höher als die Summe der nicht eingebauten Software in die betroffenen Wagen. Damit wirkt der auf den ersten Blick sehr hohe Bußgeldbetrag nun verhältnismäßig niedrig. An dieser Stelle deutet sich an, dass die Opposition im Landtag weiter nachforschen will. Der Grünen-Haushaltsexperte Stefan Wenzel sprach in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ von der Möglichkeit, einen Sonderausschuss des Landtags zur Diesel-Problematik einzuberufen.


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Unterdessen richten sich manche Fragen auch an die Berechnungen, die das Finanzministerium angestellt hat. Dabei geht es darum, ob VW die 995 Millionen Euro als „Betriebsausgabe“ von der Steuer absetzen könnte. Ob dies geschieht, wird sich vermutlich erst in einigen Monaten zeigen, wenn der Konzern seine Steuererklärung abgibt – und im Kontakt mit dem zuständigen Finanzamt dann genau über dieses Thema redet. Weil hier das Steuergeheimnis zu wahren ist, dürften diese Gespräche strikt vertraulich bleiben. Denkbar wäre, dass bei einer Körperschaftssteuer von 15 Prozent 150 Millionen als Mindereinnahme für den Staat herauskommen, 75 Millionen für den Bund und 75 Millionen für die Länder. Da Niedersachsen nach der Verteilung des Länder-Anteils mit zehn Prozent beteiligt wäre, läge die Belastung für den Landeshaushalt dann bei lediglich rund zehn Millionen Euro, das sind nur rund ein Prozent des Betrages. So hat es Finanzminister Reinhold Hilbers kürzlich auch bei der Vorstellung des Etatentwurfs für das kommende Jahr erläutert. Allerdings kämen noch mögliche Einbußen hinzu, wenn die Dividendenzahlungen von VW geringer ausfallen sollten. In einem solchen Fall fiele auch das VW Vorab geringer aus, aus dem vor allem wissenschaftliche und kulturelle Projekte bezahlt werden.

Der AfD-Finanzexperte Peer Lilienthal hat Zweifel, ob die Darstellung des Finanzministeriums über die für das Land Niedersachsen verträglichen Auswirkungen einer Bußgeld-Versteuerung zutreffend sind. „Die Diesel-Manipulation reicht in die Jahre 2009 bis 2015 zurück. Deshalb liegt es nahe, dass auch das Bußgeld und die Gewinnabschöpfung in die Vergangenheit gerichtet sind“, sagte Lilienthal dem Politikjournal Rundblick. Die Folge einer Versteuerung als Betriebsausgabe könne unter diesen Bedingungen dann aber sein, dass VW von dem Betrag Zinsen abziehen könne – und zwar umso stärker, je mehr von dem abgeschöpften Gewinn in den Anfangsjahren des Diesel-Skandals angesetzt werde. „Ich befürchte, dass die Mindereinnahmen für Niedersachsen schnell einen dreistelligen Millionenbetrag ausmachen können.“