Zwei Dinge sind besonders wichtig, wenn die Landtagsfraktionen intern über Veränderungen der Abläufe im Parlament diskutieren: Erstens sollen die Debatten lebhafter und anspruchsvoller werden, zweitens sollen die Rechte der Opposition nicht zu kurz kommen. Im ersten Punkt versuchen sich SPD und CDU auf der einen, FDP und Grüne auf der anderen Seite gegenwärtig anzunähern. Die AfD ist dabei, wie es heißt, zunächst noch außen vor. Es geht um die Fragestunde, die früher planmäßig zu Beginn des letzten Tages einer Landtagswoche auf dem Programm stand.

Nicht immer spannend: Debatten im niedersächsischen Landtag – Foto: MB.

Bisher ist Praxis, dass die Fraktionen manchmal 30 oder mehr Fragen einreichen. Besprochen wird dann meistens nur ein Bruchteil davon. Vor Jahren schaffte man bis zu vier oder fünf Fragen, heute ist es meistens nur eine, nämlich die erste. Das liegt daran, dass jeder Landtagsabgeordnete bis zu zwei Zusatzfragen stellen kann – und die Regierung, was die Antworten angeht, zeitlich keine Begrenzung hat. Wenn dann eine Stunde abgelaufen ist, wird die nächste Frage nicht mehr aufgerufen. Wiederholt ist es vorgekommen, auch in jüngster Zeit der Großen Koalition, dass viele Nachfragen von Mitgliedern der Regierungskoalition gestellt wurden, sodass der tiefere Sinn der Fragestunde, nämlich das Erkenntnis- und Aufklärungsinteresse des Parlaments gegenüber der Regierung, in seinem Sinn verfälscht wurde.

Debatte statt Fragenkette?

Nun wird in Parlamentskreisen über eine Abänderung beraten: Möglich wäre es, die Zahl der Nachfragen auf nur noch zwei je Fraktion zu begrenzen. Auch die Antwort-Zeit der Landesregierung könnte, obwohl bisher unüblich, zeitlich eingeschränkt werden. Als Mangel wird oft auch angesehen, dass die Abgeordneten lediglich Fragen stellen können und sich Kommentierungen der Antworten verkneifen müssen. Eine Reform könnte vorsehen, dass nach einer Befragung zu einem Thema eine kurze Debatte der Fraktionen angeschlossen wird. Dieser Wechsel der parlamentarischen Formen verlangt aber ein wesentlich strengeres Zeit-Regiment, die Ansprüche an die steuernde Funktion des jeweiligen Sitzungsleiters (Landtagspräsidentin oder Vizepräsidenten) wachsen also.

Was passiert mit dem Quorum der Opposition?

Verknüpft werden könnte eine entsprechende Änderung der Geschäftsordnung auch mit den versprochenen Zugeständnissen von SPD und CDU an die Oppositionsparteien, hier vor allem Grüne und FDP. Da beide große Fraktionen ein eher unterkühltes Verhältnis zur AfD pflegen, ist diese in solche Überlegungen nicht eingebunden. Für mehrere die Oppositionsrechte betreffenden Punkte gibt es bisher ein Quorum, das Grüne und FDP allein nicht erfüllen – die Einberufung von Untersuchungsausschüssen, die Normenkontrollklage vor dem Staatsgerichtshof und das Verlangen, in Ausschüssen Akten vorgelegt zu bekommen. Alles ist bisher an die Zustimmung von einem Fünftel des Landtags gebunden. Zunächst bei den Fraktionen von SPD und CDU gestartete Pläne, dafür die Landesverfassung zu ändern und statt ein Fünftel ein Sechstel vorzusehen, waren von den Parteispitzen gestoppt worden.

Jetzt wird über eine freiwillige Vereinbarung diskutiert: SPD und CDU könnten Grünen und FDP vertraglich zusichern, jedem Vorstoß der beiden in diesen drei Punkten zum Erfolg zu verhelfen. Die Landtagsjuristen haben schon erklärt, dass bei einem möglichen Streit über den Inhalt des Auftrags eines Untersuchungsausschusses kein hohes Quorum in Bückeburg notwendig wäre. Nach dem Prinzip der „Prozess-Standschaft“ könnte eine Fraktion aktiv werden, obwohl nach der wortwörtlichen Formulierung im Gesetz eigentlich die Zustimmung einer größeren Gruppe nötig wäre.

Je mehr Zeit, desto schwieriger Verständigung

FDP und Grüne setzen derweil auf stringente Reformen. „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass eine Verfassungsänderung der beste Weg wäre“, sagt Christian Grascha (FDP). Helge Limburg (Grüne) erwartet, dass sich SPD und CDU jetzt auf die kleinen Fraktionen zubewegen: „Ich bin zuversichtlich, dass wir noch im ersten Halbjahr eine vernünftige Regelung bekommen. Je weiter die Zeit fortschreitet, desto schwieriger wird eine Verständigung.“