Niedersachsen muss sich in Zeiten der Corona-Krise im zweiten Halbjahr auf weitere schlechte Nachrichten einstellen. Das hat Ministerpräsident Stephan Weil am Dienstag in einer Regierungserklärung im Landtag deutlich gemacht. „Wir befinden uns in einer wirklich harten Wirtschaftskrise und müssen uns darauf einrichten, dass das zweite Halbjahr sehr schwierig wird“, sagte Weil. „An das erste Halbjahr wird man sich noch lange erinnern. Es ist gut möglich, dass das auch für das zweite Halbjahr gilt.“

„Wer sollte es denn sonst machen, wenn nicht der Staat?“ Für Stephan Weil muss der Staat jetzt in der Krise vorangehen und Unternehmen und Arbeitsplätze retten – Foto: Staatskanzlei, MB.

Viele Menschen hätten weiterhin existentielle Sorgen, hunderttausende seien in Kurzarbeit. Der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts dürfte sich am Ende des Jahres auf etwa acht Prozent belaufen, sagte Weil. „Jetzt muss der Staat nach meiner festen Überzeugung vorangehen, die Konjunktur ankurbeln und Unternehmen und Arbeitsplätze retten. Wer sollte es denn sonst machen, wenn nicht der Staat?“, fragte der Ministerpräsident.


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In guten Zeiten profitiere das Land sehr von einer starken Wirtschaft, in schlechten Zeiten müsse sich der Staat deshalb für Unternehmen und Arbeitsplätze engagieren. Das seien Investitionen in die Zukunft, zeigte sich Weil überzeugt und verwies auf die Rettungspakete von Bund und Land.

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Oppositionsvertreter zeigten sich von der Rede des Ministerpräsidenten enttäuscht. Weil habe keine Perspektiven aufgezeigt, sagte Grünen-Fraktionschefin Julia Hamburg. Schulen wüssten nach wie vor nicht, wie es nach den Sommerferien weitergeht. Eltern und Schülern müssten aber Verlässlichkeit bekommen.

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FDP-Fraktionschef Stefan Birkner stellte fest, man sei jetzt am Ende des Stufenplans angekommen. Der Ministerpräsident erkläre aber nicht, wie es jetzt weitergehen solle. Es gehe zum Beispiel um Perspektiven für die Veranstaltungsbranche und alle anderen, die von deutlichen Einschränkungen betroffen seien.

Weil sage der Öffentlichkeit nicht, was für Maßstäbe für die künftige Entwicklung gelten würden. Man müsse den Weg des exekutiven Notrechts endlich verlassen. Birkner forderte zudem wie in Bayern flächendeckende Tests. Die Zurückhaltung nannte er in diesem Bereich verantwortungslos. „Warum sind Sie da so zurückhaltend? Die Kapazitäten sind doch da“, sagte Birkner.

Wir alle wünschen uns eine Normalität zurück, die wir vielleicht jetzt in der Krise erst richtig schätzen gelernt haben. Wir alle hoffen, dass die sogenannte zweite Welle ausbleibt.

Hamburg sieht im Rettungspaket des Landes nur „ein müdes Echo“ auf die Maßnahmen des Bundes. Mit allein fünf Milliarden würden Einnahmeausfälle kompensiert. Von einem kraftvollen Agieren könne nicht die Rede sein, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag. SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder entgegnete, es sei gerade bei den Kommunen richtig, die Steuerausfälle zu kompensieren, dabei gehe es schließlich auch um die Daseinsvorsorge in der Zukunft.

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Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Toepffer forderte, die Corona-Verordnung müsse „anwendungsfreundlicher“ werden. So sei in Nordrhein-Westfalen  der Bereich des Glücksspiels in acht Zeilen geregelt, in Niedersachsen stünden dazu drei Paragraphen und 80 Zeilen in der Verordnung.

Die neue Verordnung sei genauso willkürlich wie die vorherigen, kritisierte wiederum die AfD-Fraktionsvorsitzende Dana Guth, die nach wie vor harte Eingriffe in das soziale Leben der Menschen beklagte. Die Landesregierung plane jetzt, punktuell einzugreifen, wenn es zu einem Infektionsgeschehen komme. „Das rechtfertigt nicht, dass alle weiterhin unter den Einschränkungen zu leiden haben“, sagte Guth. Sie hält die Verbote angesichts einer Zahl von rund 1000 infizierten Menschen in Niedersachsen für nicht mehr hinnehmbar, zumal die Zahl sei seit Wochen stabil sei.

„Wir alle wünschen uns eine Normalität zurück, die wir vielleicht jetzt in der Krise erst richtig schätzen gelernt haben. Wir alle hoffen, dass die sogenannte zweite Welle ausbleibt“, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder. Jetzt aber müsse das Land zunächst einmal mit einem Kraftakt wieder zum Laufen gebracht werden.


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