Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat die Entscheidung für neue europaweite CO2-Grenzwerte scharf kritisiert. „Brüssel und Berlin machen damit zum wiederholten Male den Fehler, Ziele festzulegen ohne einen Plan zu haben. Und es gibt keine ehrliche Folgeabschätzung“, sagte Weil, der auch VW-Aufsichtsratsmitglied ist, der Deutschen Presse-Agentur. Das Ganze sei im Grunde eine große Wette auf die Frage, wie viele Elektromobile bis zum Jahr 2030 tatsächlich gekauft würden. Dies sei aber eine Entscheidung, die die Verbraucher treffen müssten und nicht die Politik. „Der Wetteinsatz ist hoch, gerade für die deutsche Industriestandorte.“

Weil wies auf Befürchtungen der IG Metall hin, dass in diesem Zusammenhang insgesamt etwa 200.000 Arbeitsplätze verloren gehen könnten. „Dieser Aspekt aber spielt in den gesamten öffentlichen Verlautbarungen gar keine Rolle, das ist unverantwortlich. Stattdessen wird über Zukunftsarbeitsplätze fabuliert – die wird es sicher auch geben; aber die Zahl der Arbeitsplätze, die verloren gehen, wird um ein Vielfaches höher sein.“ Er könne deswegen nicht verstehen, wo die „Berliner Zufriedenheit über den Beschluss“ herkomme. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments hatten sich am Dienstag auf schärfere CO2-Grenzwerte für neue Autos bis zum Jahr 2030 geeinigt. Neuwagen sollen bis dahin rund 37,5 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Zwischenziel ist ein Minus von 15 Prozent bis zum Jahr 2025.

Brüssel und Berlin machen damit zum wiederholten Male den Fehler, Ziele festzulegen ohne einen Plan zu haben.

Stephan Weil

Aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium hieß es gestern, angesichts der Entscheidungen müsse man zumindest begrüßen, dass es in Niedersachsen zwei Herstellungsstandorte für E-Autos geben werde. Volkswagen will in Emden und Hannover Elektroautos bauen. Das hatte der Konzern in Betriebsversammlungen verkündet. In Emden sollen ab dem Jahr 2022 Elektrofahrzeuge gefertigt werden.

FDP-Fraktionsvize Jörg Bode spricht derweil von „politischen Grenzwerten ohne jeden technischen Hintergrund“. „So kann man natürlich eine Kernindustrie in Deutschland auch kaputtmachen“, sagte Bode im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Der FDP-Politiker bezeichnete den Plan für mehr Elektromobilität als klimapolitischen Irrweg. „E-Autos weisen vielfach schlechtere Werte aus als ein guter Diesel. Das CO2 wird künftig dann nicht mehr beim Fahren von Benzinern emittiert, sondern beim Bau von Elektroautos. Das bleibt am Ende ein klimapolitisches Nullsummenspiel.“ Man müsse die Frage stellen, ob man nicht gerade in eine politisch vorgegebene Sackgasse laufe, die für den Bestand tausender Arbeitsplätze am Ende fatal sein werde.

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Bereits gestern hatte es aus der Wirtschaft in Niedersachsen scharfe Kritik an der Entscheidung gegeben. „Was wir hier uns gerade insgesamt leisten, ist aus industrie- und klimapolitischer Sicht ein Stück aus dem Tollhaus“, sagte Niedersachsenmetall-Hauptgeschäftsführer Volker Schmidt. „Wir verschärfen auf europäischer Ebene die CO2-Grenzwerte – und gleichzeitig reden wir uns daheim die klimafreundliche Diesel-Technologie kaputt.“ Die beschlossenen Verschärfungen gingen deutlich über das Zumutbare und vor allem Leistbare für Zulieferer und Automobilhersteller hinaus. Schmidt warnte vor negativen Auswirkungen auf Wachstum und Arbeitsplätze.

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Für Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, muss die Politik jetzt ihre Hausaufgaben machen. „Wenn sie in der kurzen Zeit überhaupt erreicht werden können, dann nur mit einem sehr ambitionierten Ausbau der Ladeinfrastruktur und intelligenter Förderung von CO2-freier Mobilität.“ Dafür müssten die Regierungen jetzt die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen.


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