Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat als SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl seinen Plan eines neuen „Niedersachsen-Fonds“ näher vorgestellt. Eine zentrale Rolle darin spielt die landeseigene „Hannoversche Beteiligungsgesellschaft“ (HannBG), die für das Land die Unternehmensanteile hält an Volkswagen, am Stahlwerk in Salzgitter, an der Nord/LB, an der Messe und am Flughafen in Hannover. Aus der 20-prozentigen Landesbeteiligung an VW folge eine Dividendenzahlung von durchschnittlich 170 Millionen Euro jährlich, erklärte Weil gestern. Bisher sei dieses Geld in der HannBG zur Stärkung der eigenen Finanzkraft verblieben. Er schlage nun aber vor, künftig ein Drittel dieser Summe – also rund 57 Millionen Euro jährlich – an den Landeshaushalt abzuführen. Dort soll ein Fonds gegründet werden, aus dem Investitionen „für Bildung und Innovation“ finanziert werden sollen. Vorschläge für die Ausgaben könne der „Digitalrat“, ein Beratergremium der Regierung, unterbreiten. Neben der Volkswagenstiftung, der aus dem Landesetat eine sogenannte Als-Ob-Dividende in Höhe der Einnahmen aus dem VW-Anteil Niedersachsens zusteht, würde so ein zweiter Topf zur Forschungs- und Entwicklungsförderung geschaffen. „Ich bin davon überzeugt, dass es ein guter Vorschlag ist – und dass jeder mögliche Koalitionspartner nach der Landtagswahl das auch einsehen wird“, betonte Weil.

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Tatsächlich begibt sich der SPD-Landesvorsitzende mit dieser Idee aber in ein riskantes Manöver. Die Einnahmen aus der VW-Dividende fließen der HannBG zwar zu, aber aus zwei Gründen schwimmt diese landeseigene Gesellschaft bisher nicht in Reichtum. Erstens wird das Geld benötigt, um Schwankungen in den anderen Unternehmensbeteiligungen auszugleichen und für plötzliche finanzielle Probleme in diesen Bereichen gerüstet zu sein. Zweitens musste die HannBG in der Vergangenheit öfter auch als Aktienkäufer tätig werden, wenn das Land bei VW-Kapitalerhöhungen mithalten und den 20-Prozent-Anteil an dem Autokonzern sichern wollte. Dies geschah oft genug aber auch über kreditfinanzierte Operationen. Deshalb müssen die Dividendeneinnahmen bei der HannBG immer hoch genug sein, um damit die Zinsausgaben begleichen zu können. Dies klappt in Zeiten hoher Dividenden und niedriger Zinssätze gut, kann aber bei veränderten Bedingungen rasch zu einer Belastung werden. Bei einer festgelegten Dividenden-Abführung der HannBG an den Landesetat könnte das womöglich in schwierigen Zeiten nur über eine Kreditaufnahme der landeseigenen Gesellschaft möglich sein – ein Schritt, den das Land von 2020 an nicht mehr gehen darf, eine landeseigene Gesellschaft wie die HannBG aber schon. Eine Verschuldung ist allerdings nie ohne Risiko. Weil sagte dazu gestern: „Für mich ist absolut klar, dass die Struktur der HannBG weiterhin gesund bleiben muss.“

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Es gibt noch ein zweites Problem, das die praktische Umsetzung der Idee des Ministerpräsidenten erschweren könnte. Wenn sich das Land einfach bei der HannBG bedienen würde, fiele auf diese Transaktion vermutlich eine Kapitalertragssteuer an, die den Nutzen dieser Aktion schmälern dürfte. Man könnte diese Steuerpflicht aber umgehen, indem zuvor das Eigenkapital der HannBG herabgesenkt wird, der Schritt also eine Kapitalentnahme wäre. Eine zu starke Kapitalabsenkung könnte allerdings die Grundlagen und die Stabilität der HannBG gefährden. In den vergangenen Jahrzehnten waren die Politiker der Landesregierung – unterschiedlicher Couleur – öfter in der Versuchung, sich zur Lösung von Finanzproblemen der HannBG zu bedienen. Mehrfach wurden dazu Pläne ausgearbeitet, sehr oft aber sind diese dann ungenutzt geblieben.