Liebe Leserinnen und Leser,

von der Digitalisierung der Wohnungswirtschaft habe ich persönlich noch nicht viel mitbekommen. Wenn mir meine Hausverwaltung eine Botschaft zukommen lassen will, klebt sie einen Zettel ins Treppenhaus oder schreibt mir einen Brief. Die letzte monatliche Heizenergie-Verbrauchsinformation wurde mir irgendwann im Winter in den Briefkasten geworfen. Der analoge Knopf an meiner Fernbedienung für die Tiefgarage ist schon ziemlich ausgeleiert und funktioniert nicht mehr so richtig. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Vermieterin nicht einmal eine E-Mail-Adresse hat. Es geht aber offenbar auch anders, wie ich bei der zweiten Auflage der Immobilienmesse Real Estate Arena in Hannover erfahren haben.

Auftritt auf der #Futurestage: Matthias Herter. Der Vorstandsvorsitzende der Immobiliengruppe Meravis aus Hannover, die mit fast 12.000 Wohnungen einen Jahresumsatz von 200 Millionen Euro erwirtschaftet, gehörte früher noch selbst zu den spießigen Schlipsträgern. Dann aber änderte Herter seinen Mindset und seine Garderobe und hat plötzlich ganz verrückte Ideen von wegen Mieterfreundlichkeit und so. Der Meravis-CEO sagt:

„Wir müssen als Vermieter mehr bieten als Costumer Journey und Onboarding – und danach gibt es nur noch negative Touchpoints.“

Laut meinem Wörterbuch „Marketing-Deutsch, Deutsch-Marketing“ bedeutet das im Klartext: Vermieter sollten auch nach Wohnungsvermittlung, Vertragsunterzeichnung und Übergabe noch für positive Erlebnisse ihrer Mieter sorgen. Wer nur bei Nebenkostensteigerungen, Mängeln im Treppenhaus oder bei der Ankündigung von nervigen Reparaturen mit den Bewohnern seines Wohnungsbestands in Kontakt tritt, der macht also etwas falsch. „Kundenservice sollte nicht nur eine Abteilung sein, sondern das gesamte Unternehmen“, zitiert Herter den verstorbenen Internet-Entrepreneur Tony Hsieh und hat dazu selbst eine Software-Schmiede gegründet: Spiri.Bo (kurz für „spiritus boni“, lateinisch: guter Geist).

Meravis-Konzernchef Matthias Herter macht beruflich eigentlich was mit Immobilien. Bei seinem Auftritt auf der Real Estate Arena erinnert der CEO aber nicht nur zufällig an Apple-Gründer Steve Jobs. 2019 hat er das Technik-Unternehmen Spiri.Bo gegründet, um die Digitalisierung der Wohnungswirtschaft voranzutreiben. | Foto: Link

Jetzt kann man natürlich fragen, warum sich Vermieter überhaupt anstrengen müssen? Es ist ja nicht so, dass die Mieter angesichts der aktuellen Situation auf dem Wohnungsmarkt (mehr dazu im heutigen Rundblick) wählerisch sein können. Aber auch darauf hat Herter eine Antwort, die selbst eiskalte Geschäftsleute überzeugen dürfte:

„Wenn Sie glückliche Mieter haben, dann haben Sie es am Ende einfacher, wenn Sie mit denen über Quartiersentwicklung sprechen und wenn Sie die Miete erhöhen müssen.“

Den großen Durchbruch hat Spiri.Bo aber trotzdem noch nicht geschafft. Woran hapert es? Vielleicht ist es die Ablehnung vieler Immobilieneigentümer gegenüber Digitalisierung und Kundenfreundlichkeit. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Herter für seine App einfach noch nicht die Werbestrategie gefunden hat. „Spiri.Bo macht Mieter froh und Vermieter ebenso, darf ich nicht sagen, das ist abmahnfähig“, verrät der Konzernchef. Da müssen die Marketing-Experten von Meravis also nochmal ran.

Und wenn die kreativen Köpfe sich zusammensetzen, können Sie sich auch gleich einen Namen für die neue „Mobilitätsbehörde“ ausdenken, die Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies ins Leben rufen will. Vielleicht wird sie etwas schmissiger heißen als die bisherige Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr auf der das Ganze basieren soll. Mehr zur geplanten Mega-Reform erfahren Sie hier.

Unklar ist auch die Bezeichnung für den Wurf eines Molotov-Cocktails auf einen türkischen Imbiss in Hannover. Die Polizei spricht von „Brandstiftung“, es scheint sich aber vielmehr um einen „Anschlag“ zu handeln. Egal unter welchem Namen wird der Vorfall heute im Innenausschuss des Landtags zum Thema werden und im Rundblick ist er es auch.

Einen schönen Donnerstag mit vielen positiven Touchpoints wünscht
Ihr Christian Wilhelm Link