Der stellvertretende Ministerpräsident und Umweltminister Stefan Wenzel äußert sich im Interview mit Klaus Wallbaum und Martin Brüning zu den Aussichten auf dieses Jahr und auf die bevorstehenden Wahlkämpfe.

Rundblick: Herr Wenzel, früher galten Sie als jemand, der auch Schwarz-Grün durchaus befürwortet. Können Sie sich vorstellen, nach der nächsten Landtagswahl in einer schwarz-grünen Regierung Minister zu sein?

Wenzel: Wir arbeiten erfolgreich in einer rot-grünen Koalition und wollen die Zusammenarbeit nach der nächsten Landtagswahl in einem Jahr fortsetzen.

"Keinen Bezug zur Kommunalwahll": Stefan Wenzel besucht am 9.9. das AKW Grohnde - Foto: Nigel Treblin

„Kandidieren werde ich“: Stefan Wenzel im Rundblick-Interview – Foto: Nigel Treblin

Rundblick: Und was ist, wenn die Mehrheit dazu nicht reicht? Müssen nicht alle demokratischen Parteien untereinander koalitionsfähig sein? Sie selbst haben kürzlich in einem Positionspapier zur „Perspektive 2018“ geschrieben, dass die Grünen andere politischen Konstellationen als Rot-Grün nicht für undenkbar erklären dürften…

Wenzel: Richtig. Aber ich habe derzeit keinen Anlass, über etwas anderes als Rot-Grün nachzudenken. Wir haben mit der SPD seit vier Jahren eine Kooperation, die dem Land gut tut. Wir setzen auf gesellschaftlichen Zusammenhalt. Rot-Grün soll fortgesetzt werden. Aber dafür gibt es eben keine hundertprozentige Sicherheit.

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Rundblick: Plagt Sie nicht die Sorge, bei so viel demonstrativ zur Schau gestellter Harmonie in der Regierung, dass die Grünen als kleiner Partner nicht mehr genügend Profil zeigen könnten?

Wenzel: Wir setzen auf Wirkung und nicht auf Show. Zentrale Themenfelder der Grünen werden im Kabinett kompetent vertreten: Umwelt-, Agrar- und Energiepolitik, Wissenschaft und Kultur, Rechtssicherheit und Justizvollzug. Auch Verbraucherschutz hat hier eine Heimat. Unsere Politik wird von Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit geprägt.

Rundblick: Aber es ist schon so, dass die Grünen zuweilen etwas behäbig wirken, die Debatten auf Parteitagen sind nicht mehr so feurig wie früher. Oder täuscht das?

Wenzel: In den 90er Jahren wurde verbissener gestritten, heute gibt es intensivere Debatten in der Sache und einen respektvolleren Umgang miteinander. Und das ist gut so.

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Rundblick: Und das in einer Welt, in der der respektvolle Umgang oft zu wünschen übrig lässt.

Wenzel: Da haben Sie Recht. Wir erleben gegenwärtig, dass mächtige Leute auf der Bühne Minderheiten abwerten oder Unternehmen über Twitter auffordern, sich aus bestimmten Ländern zurückzuziehen. Dort ist nichts spürbar vom Geist der Aufklärung, der die politische Kultur in Europa prägt. Deshalb bilden sich derzeit ganz neue Konfliktlinien. Es entsteht eine neue Bewegung für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen. Das reicht vom Papst und der Enzyklika Laudato Si über die Dakota-Indianer, die sich gegen eine Ölpipeline über ihre heiligen Stätten wehren bis zum mittelständischen Unternehmen in Niedersachsen, das auf Nachhaltigkeit und Rechtsstaatlichkeit setzt. Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist das Thema der Zeit. Das gilt in besonderer Weise für Europa und seine Nachbarn. Und die europäischen Länder müssen angesichts der Entwicklungen in den USA, in Großbritannien  und angesichts der Konflikte im Osten und Südosten viel enger zusammenarbeiten, um den Frieden zu bewahren. Das wird eine existentielle Bewährungsprobe, weil einzelne Länder allein unter die Räder kommen können.

Rundblick: Das sind globale Probleme, wie bedeutsam sind die für die Landtagswahl in einem Jahr?

Wenzel: Viele Menschen sind verunsichert und machen sich große Sorgen um die Zukunft. Die Demokratie ist das Versprechen gleicher Rechte, Chancen und Möglichkeiten – und der Hilfe für jene, die Hilfe brauchen. Dabei muss es bleiben. Wir haben viel erreicht, in Deutschland hat die Abhängigkeit von Öl, Kohle und Gas, die seit mehr als 100 Jahren die Politik bestimmt hatte, spürbar nachgelassen. Wir wollen die Energieversorgung weiter umbauen. Den Atomausstieg abschließen. Die Qualität von Schulen, Hochschulen, Kitas und Krippen weiter verbessern. Es geht um solide Finanzpolitik und eine verlässliche gut ausgestattete Polizei. Nachhaltige Agrarpolitik und den Schutz von Trinkwasser und fruchtbaren Böden. In unruhigen Zeiten müssen wir die Fliehkräfte bändigen und unseren Kindern Orientierung geben.

Rundblick: Also steht uns ein Wahlkampf bevor, der betont sachlich und nüchtern sein wird?

Wenzel: Ich hätte nichts gegen einen sachlichen Wahlkampf einzuwenden, aber wir müssen auch mit Hackern, Hass-Mails und Fake-News rechnen. Das stellt alle vor neue Herausforderungen. Die neuen Medien sind Fluch und Segen zugleich und deshalb gilt es auch die Digitalisierung zu gestalten und diese Herausforderung frontal anzunehmen.

Rundblick: Wäre Stefan Wenzel neben Anja Piel als Spitzenkandidat für die Landtagswahl wieder vorstellbar?

Wenzel: Darüber reden wir, wenn die Zeit gekommen ist. Kandidieren werde ich.