Zwar hat Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) mehrfach versprochen, den Tarifabschluss für die 81.000 Angestellten im öffentlichen Dienst des Landes auch auf die 200.000 Beamten und Pensionäre des Landes übertragen zu wollen. Dies solle „wirkungsgleich“ geschehen, betonte er. Aber dieses Wort lässt nun Interpretationen zu.

Zum einen ist nicht klar, ob die Zeitstufen genauso geschnitten werden wie für die Angestellten, bei denen der erste 3,2prozentige Anstieg (im Gesamtvolumen) schon rückwirkend zum 1. Januar 2019 greift. Noch einmal 3,2 Prozent steigt das Angestellten-Gehalt dann zum 1. Januar 2020, noch einmal 1,4 Prozent am 1. Januar 2021. „Wirkungsgleich“ heißt offenkundig, dass die vielen Sonderbedingungen und -regeln, die für die Angestellten festgelegt wurden, auch in ihrer Entsprechung den Beamten zugutekommen sollen. Nur: Die Dienststruktur ist völlig unterschiedlich, ein Vergleich könnte entweder für die Beamten großzügig oder eben weniger großzügig ausfallen.

Der Landesdienst soll für Angestellte attraktiv bleiben. Niemand soll sagen, dass er lieber zu einer Kommune gehen will, weil er dort zu Beginn 200 Euro mehr erhält

Im Haushaltsausschuss hat jetzt Corinna Kuhny, die das Referat für Besoldungsrecht im Finanzministerium leitet, die Zusammenhänge erläutert: Ausgehandelt wurde für die Angestellten im öffentlichen Dienst der Länder, dass diese in den jeweiligen ersten Erfahrungsstufen, in die sie sofort nach Eintritt in den Staatsdienst kommen, überproportional mehr erhalten. Schon nach einem Jahr steigen sie dann in die zweite Erfahrungsstufe auf, dort ist der Anstieg viel flacher. Dies sei so festgelegt worden, betont Kuhny, weil der gültige Tarifvertrag für die Beschäftigten von Bund und Kommunen etwas ähnliches für die Anfänger vorgesehen habe. „Der Landesdienst soll für Angestellte attraktiv bleiben. Niemand soll sagen, dass er lieber zu einer Kommune gehen will, weil er dort zu Beginn 200 Euro mehr erhält.“

Im Ministerium wird gerechnet, was nun strukturell übertragen werden kann und was nicht

Der überproportionale Anstieg der Gehälter für Berufseinsteiger solle also einen Werbeeffekt für diesen Job haben. Hierin bestehe aber ein wichtiger Unterschied zum Beamtenrecht, erläuterte die Haushalts-Abteilungsleiterin Martina Wethkamp. Diese ersten Erfahrungsstufen gebe es dort in dieser Form nicht. „Im Ministerium wird gerechnet, was nun strukturell übertragen werden kann und was nicht.“ Der Entwurf eines Besoldungsanpassungsgesetzes, das dann einen Vorschlag für die Übertragung der Tarifregeln auf die Beamten enthält, will das Ministeriums „möglichst bis zum Sommer“ fertig gestellt haben, erklärte Referatsleiterin Kuhny. Zunächst kostet die reine Tarifanhebung, noch ohne die Einbeziehung der Beamten, das Land in diesem Jahr 82 Millionen, im kommenden 166 Millionen und 2021 dann 203 Millionen Euro. Es kommen aber Mehrkosten hinzu, weil bestimmte Berufsgruppen noch Sonder-Erhöhungen erhalten – etwa Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst in Schulen, IT-Fachkräfte und technisches Personal. Ein Großteil der Mehrausgaben für das Pflegepersonal dürfte auf die Kassen abgewälzt werden.


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Finanzminister hofft, dass höchste Richter nicht dem Bundesverwaltungsgericht folgen


Im Haushaltsausschuss unterstrich Christian Grascha (FDP) die Forderung seiner Fraktion, bei einer Besoldungsanpassung auch auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom vergangenen Herbst Rücksicht zu nehmen. Die Richter meinten damals, Niedersachsens Beamte bekämen verfassungswidrig zu wenig Geld seit 2005 – dem Jahr der Streichung des Weihnachtsgeldes. Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb das Bundesverfassungsgericht zur Klärung eingeschaltet. Im Ausschuss erläuterte das Finanzministerium, dass die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts kritisch eingeschätzt werde. So nähmen die Richter Bezug auf eine A2-Besoldung, die es in Niedersachsen faktisch gar nicht mehr gebe, dort hätten die niedrigsten Ränge schon A4. Die Richter hätten zudem behauptet, der Abstand zum Sozialhilfeniveau werde nicht eingehalten – dabei werde aber die höchste Mietstufe (Buchholz im Kreis Harburg) unterstellt, das sei aber außergewöhnlich und nicht üblich.

Nach Lesart des Bundesverwaltungsgerichts würden zwei Bemessungskriterien dauerhaft verletzt, nämlich das Verhältnis der Beamtenbesoldung zu den Tariflöhnen und zu den Verbraucherpreisen. Das Bundesverfassungsgericht habe aber bisher gemeint, dass nur zwei Kriterien für eine Verfassungswidrigkeit nicht ausreichten, es müssten mindestens drei sein. Im Finanzministerium in Hannover wartet man nun auf Spätsommer oder Herbst dieses Jahres, wenn das höchste Gericht in Karlsruhe in einem ähnlichen Fall über die Berliner Richterbesoldung urteilen wird. Erst dann sehe man, ob das Bundesverfassungsgericht bereit sei, den Weg des Bundesverwaltungsgerichtes einzuschlagen.