Bis zum Jahr 2030 sollen in Niedersachsen 40.000 neue Sozialwohnungen entstehen. So will es die Landesregierung, und nach Aussage des Umweltministeriums könnte die neue Richtlinie, wenn das weitere Verfahren zügig verläuft, für den 400 Millionen Euro umfassenden Fördertopf Anfang Juli in Kraft treten. Der Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen (VDW) befürchtet allerdings, dass die Landesregierung an der Marke von 40.000 Wohnungen zu scheitern droht, wenn sie die Vergabe der Fördermittel nicht strenger nach sozialen Kriterien steuert. „Wir brauchen ein Kontingent für den sozialen Wohnungsbau“, sagt VDW-Direktorin Susanne Schmitt im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.


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Berechnungen des Verbands zufolge müssten mindestens 85 Prozent der Mittel im Wohnraumförderfonds konkret für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden, damit das Ziel des Landes erreicht werden kann. Die Schaffung von Sozialwohnungen für Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen in Mehrfamilienhäusern müsse schon allein aufgrund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt klar Vorrang haben. Bisher heißt es in den Richtlinien zu den Fördervoraussetzungen lediglich, in einem „neuen selbständigen Gebäude müssen mindestens zwei geförderte Mietwohnungen geschaffen werden“. Das Gebäude müsse ein „bedarfsgerechtes Verhältnis von Wohnungen vorsehen“.

Eine Sprecherin des Umweltministeriums sagte auf Nachfrage, es sei aktuell nicht ersichtlich, dass eine Kontingentierung von Fördermitteln der Sache dienlich wäre. Sie sei bisher auch nicht erforderlich gewesen, weil die tatsächliche Nachfrage nach den Fördermitteln den fachlichen Schwerpunkten und den Förderzielen des Landes entsprochen habe. „Soweit es zur Wahrung einer gleichmäßigen Inanspruchnahme oder zur sachgerechten Steuerung der Fördermittel erforderlich ist, kann die Bewilligungsstelle allerdings im Einvernehmen mit dem Fachministerium Kontingente bilden“, heißt es aus dem Ministerium.

Dramatische Situation in den Ballungszentren

Die Zahl der Bestandssozialwohnungen sinkt in Niedersachsen weiterhin dramatisch, weil zahlreiche Wohnungen aus der Preisbindung herausfallen. Vor 20 Jahren gab es im Land noch mehr als 161.000 Sozialwohnungen, schon im nächsten Jahr wird nur noch ein Drittel davon übrig sein. Bis 2023 wird die Gesamtzahl der ursprünglichen Sozialwohnungen auf rund 40.000 sinken. In den vergangenen Jahren wurden viel zu wenige Wohnungen gebaut, um die wegfallenden Sozialwohnungen zu ersetzen. Besonders dramatisch ist die Situation in den Ballungszentren. Der VDW schlägt deshalb vor, dass der Bau von Mietwohnungen in besonders angespannten Wohnungsmärkten bevorzugt wird, wenn die beantragten Fördermittel das Gesamtvolumen des Fonds übersteigen. Die geplante Richtlinie könnte gerade an dieser Stelle kontraproduktiv wirken. Vorgesehen ist, dass „Bauvorhaben gleichwertiger Güte und Ausstattung bevorzugt gefördert werden, bei denen aufgrund vergleichsweise niedriger Gesamtkosten geringe Fördermittel benötigt werden.“ Gerade in den Ballungszentren dürften aufgrund der Kostenstruktur im Zweifel allerdings eher mehr als weniger Fördermittel benötigt werden.

Schmitt zufolge geht es inzwischen auch um Planungssicherheit für die Wohnungsbauunternehmen. Schließlich wollten die Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften einer Verbandsumfrage zufolge allein in den kommenden zwei Jahren 3000 geförderte Wohnungen bauen. Dafür stehen die Unternehmen bereits in den Startlöchern. Schon jetzt liegen nach Rundblick-Informationen bei der N-Bank Anträge im dreistelligen Millionenbereich. „Es muss jetzt endlich losgehen“, fordert Schmitt. Je länger es dauere, desto schwieriger seien Zeitpläne einzuhalten. Schließlich sei es bereits jetzt schwierig, genügend Handwerker für die Baustellen zu finden. Dem Umweltministerium liegen allerdings nach Angaben einer Sprecherin noch nicht alle Stellungnahmen der Verbände vor, obwohl die Frist der Verbandsbeteiligung gestern endete. Insbesondere die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände habe noch um Geduld gebeten. Neben der Auswertung der zum Teil umfangreichen Stellungnahmen müssten noch Staatskanzlei und Landesrechnungshof beteiligt werden. Dennoch sieht man im Ministerium zumindest die Chance, dass die neuen Förderrichtlinien Anfang Juli abschließend im Ministerialblatt stehen könnten.