Von Niklas Kleinwächter

Seit ein paar Tagen steht ein neues Gebäude zwischen dem Umwelt- und dem Agrarministerium in Hannovers Innenstadt. Es ist komplett aus Holz – und das ist auch schon die Kernbotschaft. Das fürs Bauen zuständige Umweltministerium und das für die Wälder zuständige Agrarministerium wollen bei der Bioökonomie-Aktionswoche „Bionale“ noch bis zum 3. Oktober allerhand Möglichkeiten aufzeigen, wie Holz als Baustoff eingesetzt werden kann. Besonders schwer wiegt da für beide Ministerien offenbar, dass Holz ein äußerst nachhaltiger und CO2-sparender Baustoff ist. Niedersachsens Bauminister Olaf Lies (SPD) beklagte am Montag bei der Vorstellung der Aktionsfläche, dass aktuell viel zu wenig mit dem Material Holz gebaut werde – „nur bei etwa jedem zehnten Neubau“ werde Holz eingesetzt. „Da ist noch deutlich Luft nach oben“, sagte er. „Denn Holz speichert über lange Zeit CO2 ein und ist darum enorm wichtig, um die CO2-Bilanz zu verbessern und damit auch unsere Ziele in Sachen Klimaschutz zu erreichen.“

Im nachhaltigen Bauen ist Holz ganz klar der Baustoff erster Wahl.

Ähnlich warb auch Niedersachsens Forstministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) für das Bauen mit Holz: „Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der als einziger Baustoff CO2 während des Wachstums bindet und in der Verarbeitung wenig Energie verbraucht“, sagte sie bei derselben Gelegenheit.

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„Im nachhaltigen Bauen ist Holz daher ganz klar der Baustoff erster Wahl.“ Otte-Kinast konnte auch gleich noch gute Nachrichten verkünden, die sie aus Berlin mitgebracht hatte. Dort habe man in der vergangenen Woche beim nationalen Waldgipfel in Aussicht gestellt, das Bauen mit Holz mit rund 55 Millionen Euro zu fördern.

Architekten wollen mehr Holzhäuser bauen

Dieser Tage kommen viele ins Schwärmen, wenn es um den Baustoff Holz geht. So auch Robert Marlow, der Präsidenten der Architektenkammer Niedersachsen. Ihm fallen viele Gründe ein, warum mehr Häuser aus dem Naturprodukt gebaut werden sollten. Das leichte Material eigne sich zum Beispiel besonders gut für Aufstockungen von Gebäuden, betont Marlow und nennt noch weitere Vorzüge. Es habe einen hohen Fabrikationsgrad, das heißt es kann viel vorab in einer Fabrik zusammengebaut werden. So entstünden dann weniger Fehler auf der Baustelle, etwa beim Einbauen von Fenstern. Holz speichere zudem Kohlenstoff, ist also gut für das Klima. Die Haptik strahle Wärme und Geborgenheit aus, und Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der auch noch aus der Region kommt. Für die Architekten ist dieser Grund vermutlich nicht zu unterschätzen, denn andere Rohstoffe werden immer seltener – und damit auch teurer. „Wir laufen auf eine Sandverknappung zu“, prognostiziert Marlow. Sand und Kies können immer weniger gefördert werden, die Genehmigung für ein neues Kieswerke dauere zu lang, klagt der Architekt.


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Marlow hat mit seinem Architekturbüro selbst schon viele Gebäude aus Holz geplant und errichtet – etwa ein Verwaltungsgebäude der Uni Hannover oder aktuell die Üstra-Siedlung in Hannover-Vahrenwald. „Neun Häuser mit je fünf Geschossen und sämtlich aus Holz“, erzählt Marlow begeistert im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. „Nur das Treppenhaus und der Keller sind aus Stahlbeton“, ergänzt er. Denn anders darf in Niedersachsen bislang noch nicht gebaut werden.

Gebäudeklassen 4 und 5 dürfen nicht aus Holz sein

Die sogenannten Gebäudeklassen 4 und 5 – also Gebäude, deren höchstgelegener Fußboden höher liegt als 7 beziehungsweise 13 Meter – sind bislang nicht komplett aus Holz zugelassen. Grund dafür ist die Brandgefahr. Bislang müssen nämliche tragende oder bestimmte raumabschließende Gebäudeteile „hochfeuerhemmend“ (in der Gebäudeklasse 4) oder „feuerbeständig“ (in der Gebäudeklasse 5) sein, sie dürfen also nicht aus Holz bestehen. Die Feuerwehr sieht das mittlerweile allerdings gar nicht mehr so eng. Sie gehe lieber in ein brennendes Holzhaus, als in eines, wo sie die Reaktionen des Materials nicht so gut einschätzen könne, sagt Marlow. Denn Holz sei immerhin berechenbar.

Wir fördern das Bauen mit leicht und heftig brennbaren Stoffen und wollen gleichzeitig die Abstände zwischen den Gebäuden verringern – das ist ein Dilemma.

Aus Sicherheitsgründen spreche also nichts mehr gegen mehr Holzhäuser. Das hat nun auch die Landesregierung erkannt und will das Bauen mit Holz künftig erleichtern. Wie Niedersachsens Bauminister Olaf Lies (SPD) mitteilte, solle Holz in Zukunft „in allen Gebäudeklassen bis hin zur Hochhausgrenze“ vermehrt genutzt werden können. „Wir werden entsprechend die nötigen Änderungen in der Niedersächsischen Bauordnung auf den Weg bringen“, sagte Lies. Konkret bedeutet das, dass in Kürze die Niedersächsische Bauordnung und die entsprechende Durchführungsverordnung der kürzlich neu beschlossenen Musterbauordnung angepasst werden sollen.

Skepsis beim Gebäudeabstand

Doch ein wenig Skepsis ist bei all der Euphorie um das Bauen mit Holz vielleicht doch angebracht. Im Grunde hält zwar auch Dirk Adomat, baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, viel vom Baustoff Holz. Seine Hoffnung ist es vor allem, dass das Bauen besonders preiswert werden könnte, wenn die serielle Fertigung mit Holz möglich würde. So könnten sich gerade junge Familien den Traum vom eigenen Haus vielleicht eher erfüllen, sagt er.

Er erkennt aber auch einen Widerspruch innerhalb der Pläne, die das Wohnen in Niedersachsen bezahlbarer machen sollen. „Wir fördern das Bauen mit leicht und heftig brennbaren Stoffen und wollen gleichzeitig die Abstände zwischen den Gebäuden verringern – das ist ein Dilemma“, räumt Adomat im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick ein. Das Bündnis für bezahlbares Wohnen habe viele Anregungen gemacht, wie die Politik handeln sollte. Bauen mit Holz kommt dabei aber erst nach der Verringerung der Abstände zwischen den Häusern.

Wenn die Bau-Abteilung im Umweltministerium demnächst die Bauordnung an die neuen Herausforderungen anpasst, wird sie diese Bedenken wohl berücksichtigen müssen.