Zum zweiten Schulhalbjahr 2016/2017 hat Niedersachsen 1316 neue Lehrkräfte an den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen eingestellt. Für Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) ist das eine sehr gute Nachricht: „Niedersachsen ist sehr attraktiv für viele Lehrkräfte“, sagte sie. Die schulpolitischen Sprecher von CDU und FDP hingegen sind unzufrieden: „Der Unterrichtsausfall zeigt, dass die Situation an den Schulen alles andere als geordnet ist. Wir sehen hier ein Armutszeugnis“, meinte Kai Seefried, Kultusexperte der CDU. Der FDP-Bildungspolitiker Björn Försterling meinte gegenüber dem Rundblick: „Tatsächlich verschlechtert sich die Lehrerversorgung mit diesen Zahlen ein weiteres Mal.“

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Soundcloud zu laden.

Inhalt laden

Wie das Kultusministerium erklärt, sind unter den 1316 neuen Lehrern 134 Quereinsteiger, die aus anderen Berufen in die Tätigkeit des Lehrers wechseln. Auf die einzelnen Schulformen verteilen sich die neuen Pädagogen, die zum 1. Februar ihren Dienst angetreten haben, wie folgt: 534 bei den Grund-, Haupt- und Realschulen, 260 bei den Oberschulen, 219 bei den Gymnasien, 154 bei den Gesamtschulen, 61 bei den Kooperativen Gesamtschulen und 88 bei den Förderschulen. Allein im laufenden Schuljahr habe Niedersachsen damit mehr als 3500 neue Lehrer eingestellt. Auch im nächsten Schuljahr wolle man wieder „so viele Lehrkräfte wie möglich einstellen“, sagt Heiligenstadt, denn es gehe darum, den Pflichtunterricht zu sichern und die Ganztagsschulen weiter auszubauen. Wie viele Stellen für das neue Schuljahr 2017/18 ausgeschrieben werden, will das Ministerium Anfang April bekanntgeben.

Lesen Sie auch:

 

Zweifel an der optimistischen Einschätzung von Heiligenstadt meldet die Opposition an. Seefried hat errechnet, dass im laufenden Schuljahr rund 600.000 Schulstunden nicht hätten erteilt werden können, da die Lehrer fehlten. Merkwürdig sei auch, dass die Ministerin nicht alle ihr gegebenen Möglichkeiten ausschöpfe. So hätten zum zweiten Schulhalbjahr 700 angehende Lehrkräfte für das Gymnasium ihre Ausbildung beendet, das Ministerium habe aber lediglich 360 Stellen für diesen Zweig ausgeschrieben. Ähnliche Kritik übt auch der FDP-Bildungsexperte Försterling: „Die Ministerin müsste jetzt vorsorgen für August 2020, wenn der 13. Jahrgang an den Gymnasien kommt und viel mehr Lehrer dort eingesetzt werden müssen. Statt jetzt schon neue Gymnasiallehrer einzustellen, wartet sie lieber ab – und vergibt damit eine Chance.“ Nach Försterlings Rechnung würden 2020 mehr als 1200 Gymnasiallehrer zusätzlich benötigt, ein Plan dafür sei aber bei der Ministerin nicht erkennbar. Der FDP-Politiker sieht in den gestern vom Ministerium mitgeteilten Zahlen auch eine Verschlechterung der Situation: 1373 Vollzeitlehrerstellen seien zum Jahresanfang wegen Pensionierung weggefallen, nun kämen 1316 Lehrer als Ersatz, von denen einige aber als Teilzeitkräfte wirken. Damit fehlten mit der aktuellen Stellenbesetzung rund 100 Vollzeitlehrerstellen – und das werde sich in einer nochmaligen Verschlechterung der Unterrichtsversorgung auswirken.

Försterling fordert, die Attraktivität des Lehrerberufes müsse in Niedersachsen gesteigert werden. Bei den Stellen in kleinen Grundschulen, gerade was deren Leitung angeht, könne das über eine bessere Bezahlung möglich werden. Ansonsten gehe es darum, die Arbeitsbelastung für Lehrer insgesamt zu mildern. Darüber werde viel geredet, überzeugende Vorschläge aber ließen weiter auf sich warten.