Seit fast drei Jahren gibt es an niedersächsischen Krankenhäusern ehrenamtliche Patientenfürsprecher. Sie bieten zum Beispiel Sprechstunden für Patienten und Angehörige an oder machen Rundgänge auf den Stationen. Dem Gesetz nach dürfen keine aktiven Ärzte oder Pfleger das Ehrenamt ausüben, Pensionäre allerdings schon. Laut Peter Wüst, niedersächsischer Landespatientenschutzbeauftragter, sind 30 bis 40 Prozent der Patientenfürsprecher ehemalige Klinikchefärzte, Pfleger oder Mediziner, die sich in der Kammer engagiert hätten. In manchen Fällen könne eine Karenzzeit sinnvoll sein, sagte Wüst am Donnerstag im Sozialausschuss des Landtags. Das hätten auch andere Fürsprecher bereits angesprochen. Wüst nannte als Beispiel einen Zeitraum von fünf Jahren. „In manchen Fällen hat man das Gefühl, dass der Patientenfürsprecher eine Alibifunktion in der Klinik hat.“

51 Stunden auf Behandlung gewartet

Im vergangenen Jahr haben 349 Patienten bei Wüst Rat gesucht, das waren zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Knapp die Hälfte der Fälle betraf den Bereich der Krankenhäuser. Der Landespatientenschutzbeauftragte schilderte drastische Fälle, die auf seinem Schreibtisch landeten. So habe ein 91-jähriger Patient insgesamt 51 Stunden in einer Notaufnahme auf seine Behandlung warten müssen. Er war wegen schlechter Leberwerte ins Krankenhaus gefahren. Auf der Station fragte er immer wieder nach, ob er etwas zu essen und zu trinken haben könne und wurde dort seinen Worten zufolge freundlich versorgt. Der Mann habe es mit Humor genommen, berichtete Wüst. „Wenn er aber einer schwerwiegende Erkrankung gehabt hätte, dann hätte es gefährlich werden können“, merkte Wüst an. In einem anderem Fall lag ein schwer geistig und körperlich Behinderter nach einer Notoperation reglos im Bett in seinem Erbrochenen. Die Schwester des Patienten fand ihn so auf und schlug Alarm. Nach ihrem Gefühl habe es 15 bis 20 Minuten gedauert, bis die Reanimation Erfolg hatte, berichtete Wüst. Der Patient hatte durch den Vorfall irreversible schwerste Hirnschädigungen davongetragen. In Absprache mit den behandelnden Ärzten entschied sich die Familie, die lebenserhaltenden Geräte abzustellen. Wüst schilderte im Ausschuss auch den Fall einer Schlaganfallpatienten, die nicht sprechen konnte, und weder Medikamente noch etwas zu essen und zu trinken bekam. Sie erhielt auch nicht das nötige Insulin, was zu dramatischen Blutzuckerwerten führte. Die zwei diensthabenden Krankenschwestern seien hoffnungslos überfordert gewesen. Sie hätten einfach die Klingel am Bett abgestellt, sagte Wüst.


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Mehrere Patienten beschwerten sich auch über die Einstellung fachärztlicher Bereitschaftsdienste. „Das gilt sowohl für den kinderärztlichen Notdienst in Goslar und den augenärztlichen Notdienst in Hildesheim.“ Ein Problem sei, dass immer weniger junge Fachärzte dazu bereit seien, sich an den freiwilligen Bereitschaftsdiensten zu beteiligen. „Auch diese Entwicklung trägt dazu bei, dass immer mehr Patienten auf die Notaufnahmen der Krankenhäuser angewiesen sind“, sagte der Landespatientenschutzbeauftragte. Seinen Worten zufolge gebe bestehen die alten Probleme im Gesundheitswesen nach wie vor: der Zeitmangel bei Ärzten und Pflegern, die Schwierigkeiten beim Entlassen von Patienten aus den Kliniken und die langen Wartezeiten in den Notaufnahmen. Auch die Einrichtung von sogenannten Portalpraxen gestaltet sich Wüste zufolge zäh.

Landespatientenschutz braucht mehr Personal

Der Landespatientenschutzbeauftragte selbst wünschte sich im Ausschuss eine bessere personelle Ausstattung. Es gebe im Sozialministerium für ihn nach wie vor nur eine halbe Stelle für das Sekretariat. Nötig seien hierfür allerdings eine Vollzeitstellen, ebenso für die Position eines Sachbearbeiters. Bisher halte sich der Bekanntheitsgrad seiner Tätigkeit in Grenzen. Kämen aber bei einer größeren Bekanntheit mehr Patienten auf ihn zu, sei dies mit der aktuellen Personalausstattung nicht mehr zu leisten.