Nach den teilweise groben Tierschutzverstößen auf zwei Schlachthöfen in Bad Iburg (Kreis Osnabrück) und Oldenburg hat das Landwirtschaftsministerium jetzt Zweifel an der Eignung kommunaler Amtstierärzte und Überwacher geäußert. „Im Fall des Betriebes in Bad Iburg ist bekannt, dass auch das Kontrollpersonal aktiv weggeschaut hat“, sagte der Abteilungsleiter für Verbraucherschutz, Tierschutz und Tiergesundheit, Michael Kühne, gestern vor Journalisten in Hannover. Er könne und wolle nicht sagen, dass dieses Phänomen landesweit zu beobachten sei. Aber das Ministerium habe alle 600 amtlichen Tierärzte und Lebensmittelkontrolleure zu einer Dienstbesprechung für Mitte Dezember eingeladen. „Wir werden bei der Gelegenheit darauf hinweisen, dass die Überwachung nicht nur die Fleischqualität betrifft, sondern auch die Durchsetzung von Tierschutzbestimmungen.“

In einem Schlachthof in Oldenburg war aufgefallen, dass Mitarbeiter Rinder ohne Betäubung getötet hatten. Das Unternehmen, das auch Bio-Fleisch herstellt, hatte die Mängel nicht bestritten, dafür aber einen nachgeordneten Werkvertragsarbeitnehmer verantwortlich gemacht. Aufgefallen waren die Missstände nur, weil eine Tierschutzorganisation illegal Kameras in den Anlagen angebracht und die Aufnahmen später der Staatsanwaltschaft übergeben hatte. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast reagierte entsetzt und verärgert, sie kündigte ein härteres Vorgehen an. Wie ihre Sprecherin gestern mitteilte, werde nun geprüft, inwieweit ein verpflichtender Einbau von Kamera-Überwachungssystemen in allen Schlachthöfen – in Niedersachsen gibt es 333 – möglich ist. Dieser Vorschlag werde „rechtlich bewertet“, es müssten aber Datenschutzbestimmungen berücksichtigt werden. Die Möglichkeit, vor Abschluss einer rechtlichen Würdigung diese Video-Überwachung bereits per Verordnung vorzuschreiben, lehnt das Ministerium nach Angaben der Sprecherin ab. Abteilungsleiter Kühne sieht aber grundsätzlich eine Chance, dass es zwischen dem Ministerium und den Schlachthofbetreibern zu freiwilligen Übereinkünften für den Einsatz solcher Kamerasysteme kommen kann. Der Tierschutz-Abteilungsleiter des Ministeriums erklärt, dass externe Kontrollen – selbst wenn sie vorher nicht angekündigt werden – kaum effektiv sein könnten. „Sobald ein Kontrolleur auf dem Parkplatz des Schlachthofes vorfährt, wird intern ein Signal gegeben, dass jetzt strengere Regeln gelten. Wenn er Mitarbeiter wieder gegangen ist, ertönt ein Pfiff – und schon gilt wieder der alte Zustand.“ Unangemeldete Kontrollen der Schlachthöfe sollten laut Kühne „die Regel sein“, tatsächlich treffe dies aber nicht immer so zu.

Der Tierschutz-Abteilungsleiter erklärte, dass die Kommunen seit langem beklagen, für die umfangreicher gewordenen Überwachungsaufgaben zu wenig Personal zu haben. Die Ministerin habe auch schon eingeräumt, dass Unterstützung nötig werde. Im Fall des Schlachthofes in Oldenburg hat die Stadt das Landesamt für Verbraucherschutz um Amtshilfe gebeten – und diese auch erhalten. Ein „Rotationsprinzip“ einzuführen, mit dem erreicht werden soll, dass nicht ständig dieselben Kontrolleure auf dieselben Kontrollierten treffen, scheitere oft an die weiten Distanzen. Wegen der Personalknappheit könnte dies nur über einen Austausch zwischen benachbarten Kommunen geschehen – und das würde weitaus längere Anfahrtswege nach sich ziehen. Das Landwirtschaftsministerium lehnt es zwar prinzipiell ab, dass sich Tierschützer illegal Zugang zu Schlachthöfen verschaffen und dort filmen. Gleichwohl ist man derzeit für auf diesen Weg erlangte Hinweise dankbar, die aktuellen Fälle in Bad Iburg und Oldenburg seien ein Beispiel. Kühne meinte, er rechne mit weiteren Hinweisen dieser Art. Derartiges Filmmaterial soll zügig an die Behörden gegeben werden – damit die Tierschutzverstöße rasch abgestellt werden könnten.

Die SPD-Agrarpolitikerin Karin Logemann sagte, die Videoüberwachung der Schlachthöfe müsse umgesetzt werden – und zwar bundesweit und staatlich organisiert. Die rechtlichen Bedenken seien gering einzuschätzen. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Dana Guth regte Überprüfungen der Mitarbeiter an. Jeder, der in einem Schlachthof arbeite, solle mit einem Gutachten seine charakterliche Eignung für die Tätigkeit nachweisen.