Rund 130 Millionen Euro Schaden sind durch die extremen Wetterlagen in den vergangenen zwölf Monaten in den niedersächsischen Landesforsten entstanden. Das berichtete gestern Klaus Merker, Präsident der Niedersächsischen Landesforsten, bei einem Besuch von Forstministerin Barbara Otte-Kinast im Wald bei Clausthal-Zellerfeld im Harz. Durch die Winterstürme, die extreme Trockenheit im Sommer und die starke Vermehrung des Borkenkäfers sei in den Landesforsten mehr als doppelt so viel Holz geschlagen worden wie normal. Um den Markt zu entspannen und Privatwaldbesitzern keine unnötige Konkurrenz zu machen, lagerten die Landesforsten daher zurzeit rund 130.000 Kubikmeter Holz ein, die in den kommenden Jahren verkauft werden sollen. Möglich macht das die Erfahrung, die die Landesforsten nach dem Orkan „Kyrill“ 2007 gesammelt haben.

20.000 Kubikmeter Holz lagern hier im Wald bei Claustal-Zellerfeld. Die permanente Beregnung verhindert, dass sich bestimmte Pilze ausbreiten und das Holz zersetzen können. Foto: Christian

„Im Prinzip war das vergangene Jahr für den Wald ein Bühnenstück mit vier Akten“, sagt Landesforsten-Präsident Merker. Der Beginn lag eigentlich noch im Jahr 2017, mit dem Starkregen weichte der Waldboden auf und die Bäume verloren ihren Halt. „Das machte es den folgenden Herbst- und Winterstürmen leicht, viele Bäume fielen um“, sagt Marker. Vor allem nach Sturm „Friederike“ im Januar gab es viel sogenannten „Windwurf“. 1,45 Millionen Kubikmeter Holz sind allein nach diesem Sturm angefallen. Das begünstigte schon die Ausbreitung des Borkenkäfers, der sich nicht nur in den umgestürzten Bäumen, sondern auch in den stehen gebliebenen, aber stark geschwächten Fichten und Lärchen gut einnisten konnten. „Bis Juli haben wir allerdings noch gedacht, wir bekommen den Borkenkäfer in den Griff, indem wir das Windwurfholz mit dem Käfer darin aus den Wäldern herausholen“, sagt Rainer Hurling von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt. „Doch mit der anhaltenden Trockenheit breitete sich der Käfer noch schneller aus, trotz Gegenmaßnahmen konnten wir das nicht verhindern“, sagt Hurling.

Der Borkenkäfer bereitet den Förstern zurzeit das größte Kopfzerbrechen. Durch die Hitze und Trockenheit gibt es so viele von den Tieren wie schon lange nicht mehr. Foto: Christian

Doch mit dem anstehenden Winter ist die Plage nicht vorbei, im Gegenteil. „Derzeit überwintern so viele Borkenkäfer wie schon lange nicht mehr im Waldboden“, sagt Hurling. „Wir rechnen deshalb im Frühsommer wieder mit einem rasanten Befall der Bäume.“ Vor allem, da die Fichten noch vom Wetter-Auf und Ab in diesem Jahr geschwächt seien, dürften die Käfer auf wenig Abwehr treffen. Man müsse deshalb schon im Frühjahr anfangen, möglichst viele Käfer einzufangen, bevor sie die Bäume besiedelten. Möglich ist das mit speziellen Fallen. Etwa mit einem zeltähnlichen Gitter, das die Käfer mithilfe von Duftstoffen anlockt und bei Berührung durch ein Insektizid tötet. Allerdings müssen diese Gitter in einem Abstand von mindestens neun Metern zum Baum aufgestellt werden, weil sich die Duftstoffe der Bäume und der Falle sonst vermischen. Mitten im Wald können die Fallen daher nicht aufgestellt werden. „Bisher haben wir gute Erfahrungen mit diesen Fallen gemacht. Aber eine solche Menge Käfer gab es bisher nicht, deshalb wissen wir nicht, wie effektiv die Fallen dieses Mal sind“, sagt Hurling. Und noch etwas bereitet ihm Kopfzerbrechen: „Von der Trockenheit geschwächte Fichten und viele Borkenkäfer sind ein Problem, das zurzeit fast ganz Europa hat. Durch die Konkurrenz wird es schwer sein, überhaupt so viele Fallen zu bekommen, wie wir brauchen.“


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Auch die privaten Waldbesitzer kämpfen mit den Folgen des Wetters. Ihnen bereitet besonders Sorge, dass der Markt mit Fichtenholz überschwemmt wird und sich damit kaum noch Geld verdienen lässt. Zudem hätten die Waldbesitzer Schwierigkeiten, die Schäden in ihrem Forst zu beseitigen, denn dafür müssen externe Firmen beauftragt werden, die den Erlös aus dem Holzverkauf zusätzlich drücken. Ministerin Otte-Kinast stellte den Waldbesitzern daher finanzielle Unterstützung in Aussicht. So sollen im kommenden Jahr insgesamt  11,5 Millionen Euro Fördermittel von Bund und Land zur Verfügung stehen, mit deren Hilfe die Waldbesitzer die Wiederaufforstung und die Beseitigung der Schäden zahlen können sollen. „Die Erlebnisse der vergangenen Monate haben gezeigt, dass wir unsere Wälder auf den Klimawandel vorbereiten müssen“, sagte Otte-Kinast. Der jetzige Wald müsse daher noch weiter mit anderen Baumarten durchmischt werden, die krisenfester seien als die Fichte.

Die Forstarbeiter pflanzen Bergahorn an. Um dem Klimawandel trotzen zu können, muss der Wald künftig aus vielen verschiedenen Baumarten bestehen. Foto: Christian