Die Parlamente der verschiedenen politischen Ebenen überbieten sich seit Jahren bei ihren Absichtsbekundungen hinsichtlich des Klimaschutzes. Die EU möchte bis 2050 vollständig klimaneutral sein; Deutschland plant, die Klimaneutralität bis  2045 zu erreichen; Niedersachsen strebt an, bis 2040 klimaneutral zu sein – und die Region Hannover mit ihren mehr als einer Million Einwohnern will dieses Ziel bereits 2035 erreicht haben. Eine neue Studie im Auftrag der Regionsverwaltung zeigt nun allerdings, dass es damit wohl nichts wird: Eine vollständige Klimaneutralität bis 2035 werde voraussichtlich nicht erreicht, heißt es in einer Mitteilung. Allerdings steht dort auch: Unter bestimmten Umständen könnte zumindest eine energetische Klimaneutralität bis Anfang der 2040er Jahre erreicht werden.

Regionspräsident Steffen Krach und Klimadezernent Jens Palandt stellen die Studienergebnisse vor: Die Renaturierung von Mooren und der Ausbau der erneuerbaren Energien sind zwei zentrale Bausteine für die Klimaneutralität. | Foto: Region Hannover

Regionspräsident Steffen Krach (SPD) gibt sich zuversichtlich: „Durch das Gutachten wissen wir jetzt viel genauer, wo wir stehen. Das bestärkt uns.“ Er will sich von der schlechten Perspektive auf keinen Fall entmutigen lassen, sondern nimmt sie als Ansporn. „Es ist mir deshalb viel lieber, dass wir als Region einen ambitionierten Plan mit aller Konsequenz verfolgen und möglicherweise etwas später ins Ziel kommen, als hinterher festzustellen, dass wir mehr hätten tun können.“

Fachbüro zeichnet zwei Szenarien vor

In den vergangenen zwölf Monaten hat das Fachbüro „Hamburg Institut“ die Einflussmöglichkeiten der Region Hannover und ihrer 21 Mitgliedskommunen im Hinblick auf die Einhaltung der eigenen Klimaziele untersucht. Dabei wurden von den Fachleuten zwei verschiedene Szenarien erarbeitet. Bei dem eher konservativen „Trend-Szenario“ habe man die aktuelle Entwicklung, wie sie bundesweit zu beobachten ist, zur Grundlage genommen und fortgeschrieben.

Quelle: Region Hannover

Bei dem ambitionierteren „Klimaplan-Szenario“ sei hingegen davon ausgegangen worden, dass die Region Hannover und ihre Kommunen ihren jeweiligen Handlungsspielraum voll ausschöpfen. Das zunächst wohl ernüchternde Fazit: In keinem der beiden Szenarien werden die beschlossenen Klimaziele erreicht. Beim Trend-Szenario bescheinigen die Fachleute der Region, ihre Treibhausgasemissionen von 2020 bis 2035 um die Hälfte verringern zu können. Der Strombedarf ginge in diesem Fall um etwas mehr als ein Fünftel zurück. Die energetischen Emissionen könnten im Trend-Szenario um 70 Prozent im Vergleich zu 1990 verringert werden.

Region auf gutem Weg, aber es reicht noch nicht

Das Gutachten verdeutlicht allerdings, dass die Bemühungen der Region nicht umsonst wären: Durch Maßnahmen wie die Flächensicherung für Windenergie und Photovoltaik, ein Klimaschutzkonzept für die Verwaltung, den „Verkehrsentwicklungsplan 2035+“ sowie eigene Förderprogramme für den Ausbau der Erneuerbaren Energien sei die Region – auch im Vergleich zu Land und Bund – gut aufgestellt. Im Klimaplan-Szenario geht man deshalb davon aus, dass die Treibhausgasemissionen von 2020 bis 2035 um 62 Prozent und die Endenergiebedarfe um 35 Prozent verringert werden können. Die energetischen Emissionen werde man sogar um 80 Prozent im Vergleich zu 1990 zurückschrauben können.

Dennoch werden voraussichtlich ein Drittel Restemissionen auch weiterhin anfallen. Ein Teil davon ergebe sich aus dem Flugverkehr, teilt die Region Hannover mit. Berücksichtigt werden in der Berechnung aber auch die nicht-energetischen Emissionen, beispielsweise aus der Landwirtschaft und Landnutzung, aus Abfall und Abwasser sowie aus industriellen Prozessen. Die Bedeutung dieser Emissionen werde künftig weiter zunehmen, weil sie schwerer zu vermeiden sind als jene aus dem Verkehrssektor oder der Stromerzeugung. Das Gutachten geht davon aus, dass ihr Anteil von 13 Prozent im Jahr 2020 auf 27 Prozent im Jahr 2035 steigen wird.



Regionspräsident Krach formuliert nun die Erwartung, dass sich Land und Bund bei ihren Einsparbemühungen stärker anstrengen müssen – denn nicht auf alle Emissionen, die der Region angerechnet werden, habe diese auch direkten Einfluss. Krach will derweil mit gutem Beispiel vorangehen: Für den Ausbau der Windenergie will die Region künftig 2,5 Prozent der Regionsfläche bereithalten – vorgeschrieben werden ihr vom Land nur 1,6 Prozent. Zudem soll der Ausbau der Solarenergie vorangetrieben und die Wiedervernässung von Mooren intensiviert werden. Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) begrüßt diese Ankündigungen und sieht darin „ein wichtiges Signal an die kommunale Familie in Niedersachsen“. Bund und Land sieht er hingegen ausweislich des Umweltbundesamts „auf Kurs, um die Klimaziele zu erreichen“, an denen er auch weiterhin in der aktuellen Form festhalten will.


Die gesamten Studienergebnisse finden Sie auf dem Server der Region Hannover hier.