In einer heftig geführten Landtagsdebatte haben CDU und FDP auf der einen, SPD und Grüne auf der anderen Seite eine Bilanz des Islamismus-Untersuchungsausschusses gezogen. Der CDU-Abgeordnete Jens Nacke erklärte, die Ursache für Versäumnisse der Polizeiarbeit lägen in einer „falsch verstandenen Toleranz“ der rot-grün geführten Landesregierung gegenüber den Organisationen des Islam. „Man hatte gemeint, eine Annäherung an die Muslime nur erreichen zu können, wenn man die Beobachtung beispielsweise der salafistischen Moscheen in Hildesheim, Hannover, Braunschweig und Wolfsburg zurückführt“, fügte er hinzu. Dies sei aber ein grober Fehler gewesen – denn wegen dieser politisch bedingten Zurückhaltung hätten Hassprediger in diesen Moscheen freie Bahn gehabt, junge Menschen zu radikalisieren und zur Ausreise in den Irak und nach Syrien zu motivieren. Als „neues Beispiel“ für diese Politik der gezielten Annäherung an Islamverbände bezeichnete Nacke das gestern im Politikjournal Rundblick erwähnte Gespräch zwischen Ministerpräsident Stephan Weil und der Organisation Milli Görüs im August 2013, die damals noch vom Verfassungsschutz beobachtet wurden. Weil hatte sich dort für einen Kontakt zwischen Milli Görüs und dem Verfassungsschutz ausgesprochen, den es dann auch gegeben hatte. Nach Ansicht des CDU-Politikers ist diese auf Dialog ausgerichtete Politik von Rot-Grün auch mitverantwortlich dafür, dass die Geschwister Safia und Saleh S. in Hannover nicht ausreichend im Visier von Polizei und Verfassungsschutz gewesen seien – obwohl sie früh auffällig und den Polizeibehörden auch schon bekannt waren, etwa durch ihre Teilnahme an Koran-Verteilaktionen in Hannover. Weil es aber anfangs rot-grüne Politik gewesen sei, Jugendliche unter 16 nicht in den Dateien des Verfassungsschutzes zu speichern, habe man Safia S., die später ein Messer-Attentat auf einen Polizisten im Hauptbahnhof verübte, nicht ausreichend im Blick gehabt.

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Der FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner unterstützte die Kritik von Nacke. Es sei der „Paradigmenwechsel“ von Rot-Grün nach Regierungsantritt von 2013 gewesen, der etwa zu generellem Misstrauen gegenüber dem Verfassungsschutz und zu der Formulierung im Koalitionsvertrag geführt habe, Kontrollen von Moscheebesuchern generell auszuschließen. Der Untersuchungsausschuss habe eine Menge an Mängeln und Unzulänglichkeiten zutage gefördert, die Verantwortung dafür liege bei niemand anders als bei Innenminister Boris Pistorius. Birkner wies die Ansicht von Grant Hendrik Tonne (SPD) und Helge Limburg (Grüne) zurück, CDU und FDP würden „den Sicherheitsbehörden misstrauen“. Der FDP-Politiker sagte: „Wir haben kein Misstrauen gegenüber Polizei und Verfassungsschutz, sondern gegenüber dem Regierungshandeln.“ Wenn SPD und Grüne meinten, die parlamentarische Nachprüfung gefährde die Sicherheitslage, dann hätten sie ein merkwürdiges Staatsverständnis.

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Der SPD-Abgeordnete Grant Hendrik Tonne erklärte, die geschehenen Fehler – etwa beim Umgang mit Safia S. – beruhten auf einem Irrtum der Behörden. Sie hätten die Gefährlichkeit des Mädchens damals unterschätzt. Dies beruhe aber nicht auf strukturellen Mängeln in der Polizeiarbeit, sondern auf einer falschen Beurteilung. Die Polizei habe daraus gelernt. Deutliche Kritik äußerte Tonne am Auftreten von CDU und FDP: „Ich finde es bezeichnend, dass es der niedersächsischen Opposition oftmals wichtiger war, Dokumente in den Untersuchungsausschuss zu bekommen, vertrauliche Dokumente haben zu wollen und damit zu riskieren, dass Niedersachsen vom Informationsaustausch auf Bundesebene ausgeschlossen wird. Wir standen kurz davor! Das wäre eine Gefährdung der Sicherheitslage gewesen.“ Ausdrücklich wies der SPD-Politiker auch die Forderung Nackes zurück, Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger zu entlassen. Mängel in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden seien ihr nicht anzulasten. Der CDU-Politiker hatte erklärt, Brandenburger habe interne Kritik in ihrer Behörde unterdrückt, wichtige Verbesserungsvorschläge gegenüber Minister Pistorius verschwiegen und damit ihre Aufgaben nicht erfüllt. „Es ist dringend an der Zeit, Frau Brandenburger abzulösen“, betonte Nacke.