Die Corona-Krise hält die Politik in Atem, aber sie ist nicht die einzige Epidemie, die Probleme bereitet. In Niedersachsens Agrarministerium wird das Risiko einer Ausbreitung der „afrikanischen Schweinepest“ im Bundesgebiet nach wie vor als hoch eingeschätzt. Offenbar nähert sich das für Schweine tödliche Virus immer weiter an. Erst vor wenigen Tagen meldete das Bundesagrarministerium einen Befall bei Hausschweinen in einem Betrieb in Westpolen. Niedersachsens Agrarministerium hat daraufhin die hiesigen Behörden und Verbände noch einmal auf die Einhaltung von Hygienemaßnahmen hingewiesen, erklärte eine Ministeriumssprecherin auf Rundblick-Anfrage.


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Helmut Dammann-Tamke, Präsident der niedersächsischen Landesjägerschaft und zugleich CDU-Landtagsabgeordneter, sieht allerdings selbst dann keine generelle Gefahr für die heimische Hausschwein-Zucht, wenn die Tierseuche in Niedersachsen ankommen sollte. „Grundsätzlich gilt: Jeder, der ein Minimum an Hygiene einhält, kann das aus dem Stall heraushalten“, erklärte er im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Es reiche aus, Stiefel und Kleidung zu wechseln, wenn man den Schweinestall betritt, um die Ansteckung zu verhindern. Das Virus werde über Körperflüssigkeiten der Tiere übertragen. Dadurch unterscheide sich die afrikanische von der europäischen Schweinepest, die in den Neunzigern wütete. Damals sei der Erreger auch über die Luft verbreitet worden, was nun ausgeschlossen ist.

Ausbruch der Schweinepest „nur eine Frage der Zeit“

Was die Hausschweine angeht, zeigt sich Dammann-Tamke gelassen. Dass die Schweinepest aber die niedersächsischen Wildschweinbestände erreicht, sei nur noch eine Frage der Zeit. Die Zäune, die aktuell an der deutsch-polnischen Grenze zum Schutz vor der Tierseuche gezogen wurden, hält der Präsident der Landesjägerschaft für keinen ausreichenden Schutz. Für ein Schwein seien die nur zu Beginn ein Hindernis, mittel- und langfristig sei das nur bedingt effektiv. Die Bache, das weibliche Wildschwein, könne den Zaun einfach mit der Schnauze anheben und die gesamte Familie hindurchführen, wenn sie das wollte. Aktuell arbeiten Polen und Deutschland an der Errichtung von Wildschwein-freien Zonen entlang der Grenze, doch die Maßnahmen stocken auf der polnischen Seite.

Für Niedersachsen bestehe ohnehin eher die Gefahr, dass sich das Virus über kontaminierte Essensreste, die zum Beispiel von Durchreisenden an Autobahnraststätten entsorgt wurden, weiter ausbreitet, erklärt das Agrarministerium. Die Einbrüche kämen aktuell „nicht auf vier Beinen, sondern auf vier Rädern“, erläutert Dammann-Tamke. Seiner Meinung nach sollte nun die Wildschwein-Population dezimiert werden, um eine Ausbreitung zu verhindern. Käme es doch zu einem Ausbruch, müsse das betroffenen Gebiet eingezäunt, und alle Wildschweine in diesem Gebiet getötet und die Kadaver entsorgt werden. In Tschechien habe das sehr gut funktioniert, berichtet Dammann-Tamke. Dort habe sogar das Militär den Jägern geholfen, den Ausbruch wieder einzufangen. In Zeiten des grassierenden Corona-Virus sollten die militärischen Ressourcen nun aber anderweitig eingesetzt werden, so Dammann-Tamke.

Export würde sich von China nach Spanien verlagern

Würde die „afrikanische Schweinepest“ in Deutschland ausbrechen, wäre das zunächst ein Schock für die Exportwirtschaft. Deutschlands internationaler Handel mit Schweinefleisch würde ausgesetzt. Dabei hatte das deutsche Agribusiness zuletzt massiv davon profitiert, dass die Schweinepest im sehr großen chinesischen Markt ausgebrochen war. Der Schaden in Fernost war der Gewinn in Europa. Schiede Deutschland nun als Schweineexporteur aus, würden sofort Spanien, die Niederlande oder Dänemark die Nachfrage aus China bedienen können, meint Dammann-Tamke.

Die Bundesrepublik hingegen könnte dann nach kurzer Zeit genau diese europäischen Partnerländer wieder mit Schweinefleisch beliefern, sobald die hiesigen Betriebe „gesundgetestet“ wurden. Denn das europäische Veterinärrecht sieht diese Option explizit vor. Ein Ausbruch der Schweinpest wäre für die deutschen Schweinehalter also zunächst „ärgerlich“, nach drei bis vier Monaten würde sich die Lage aber wieder beruhigen, schätzt Dammann-Tamke.