Die Frage der Nachfolge des zurückgetretenen Innenministers Boris Pistorius (SPD) ist seit gestern geklärt: Daniela Behrens, die Sozialministerin, führt künftig die Geschäfte des Innenministeriums. Als diese auf der seit langem festgelegten Vertretungsregel im Kabinett basierende Nachricht am Mittwochvormittag verbreitet wurde, weckte das gleich jede Menge Spekulationen: Wird Behrens vom Sozial- ins (wohl wichtigere) Innenministerium umziehen? Wird sie damit in der Kabinettsriege aufgewertet?

Daniela Behrens (links) übernimmt übergangsweise das Innenministerium. Langfristig könnte der Job an Sven Ambrosy, Thorsten Kornblum (unten), Alexander Götz (oben) oder Anke Pörksen gehen. | Fotos: Maximilian König, Stadt Braunschweig/Daniela Nielsen, Schadewald Fotografie, Landkreis Friesland, Staatskanzlei, Montage: Rundblick

Nach Rundblick-Informationen sind derartige Mutmaßungen, die einen Wechsel von Behrens vorsehen, abwegig. Die 54-jährige Sozialministerin wird auf ihrem bisherigen Posten bleiben und scheidet damit aus dem Kreis der möglichen Pistorius-Nachfolger aus. Die Stellvertretung für den nach Berlin abgewanderten Innenminister entspringt auch keinerlei besonderer Wertschätzung, sondern beruht schlicht auf seit Jahren verbindlichen Formalien in der Geschäftsordnung der Landesregierung.


Lesen Sie auch:

Niedersachsens Innenminister übernimmt das Verteidigungsressort – wer folgt ihm hier?

Der Mann, der viele Sprachen spricht und doch zur Vereinfachung neigt


Allerdings blieb am Mittwoch die Frage unbeantwortet, wer denn nun der nächste niedersächsische Innenminister wird. Nach Lage der Dinge ist die Situation so: Ministerpräsident Stephan Weil hat ein Personaltableau mit einigen wenigen Namen, die er sich vorstellen kann. Er hat vorgefühlt und gefragt, ob jeder davon sich die Führung des Innenministeriums zutraut. Da die Antwort nicht einfach ist, denn jeder Innenminister ist ständig von Sicherheitsbeamten umgeben und muss der Politik in seinem Leben die erste Priorität einräumen, haben die Gefragten Anspruch auf Bedenkzeit. Diese dürfte aber spätestens am Wochenende ablaufen, denn am Mittwoch beginnt die nächste Tagungswoche des Landtags, und sie dürfte mit der Vereidigung des neuen Innenministers anfangen. Schwierig wird die Lage dann, wenn gleich mehrere Kandidaten Weil eine Absage erteilen sollten.



Inzwischen lichten sich die Spekulationen wenigstens etwas. SPD-Fraktionschef Grant Hendrik Tonne (46) hat abgelehnt, er ist auch im jetzigen Amt unabkömmlich. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Johann Saathoff (55) aus Emden, derzeit Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, schließt angeblich einen Wechsel aus. Die friesländische SPD-Bundestagsabgeordnete Siemtje Möller (39), die einige Medien als Favoritin sahen, ist offenbar von Weil gar nicht erst in die mögliche Auswahl gezogen worden.

Der Braunschweiger Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (41), der lange im Innenministerium gearbeitet hat, teilte am Mittwoch mit: „Ich bin sehr gern Braunschweiger OB und habe hier in dieser Funktion sehr viele spannende Projekte und Ziele, die ich anpacken und weiter umsetzen möchte.“ Das ist zwar keine Absage, aber eine Bewerbung für das Ministeramt klänge anders. Da es inzwischen heißt, „Führungserfahrung“ sei neben Fachkenntnis und politischem Gespür nötig, bleiben neben Kornblum zunächst drei Namen auf der Liste: Oben steht Alexander Götz (48), Leiter der Kommunalabteilung im Innenressort zwischen 2015 und 2020, Verwaltungsexperte und erfolgreicher Organisator in der Flüchtlingskrise 2015. Er ist derzeit Vize-Chef des Verbandes Kommunaler Unternehmen in Berlin und soll einer Rückkehr nach Niedersachsen nicht abgeneigt sein. Seine Familie wohnt in Neuharlingersiel (Kreis Wittmund).


Auf das Bild klicken und den Podcast anhören.

Dann kommt noch Sven Ambrosy (52) in Betracht, seit fast 20 Jahren Landrat im Kreis Friesland und derzeit Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT). Es heißt, er stünde notfalls bereit. Als dritte Möglichkeit wäre noch eine Frau vorstellbar, die derzeitige Regierungssprecherin Anke Pörksen (56), die vor der Landtagswahl 2013 noch Schatten-Justizministerin im Team von Stephan Weil war. Sie kennt sich in den innenpolitischen Debatten gut aus.

Sozialministerin Behrens immerhin profitiert mindestens in einer Hinsicht von Pistorius‘ Weggang: Wenn er sein Landtagsmandat niederlegt, rückt sie nach – sie steht auf Rang eins der Nachrückerliste, denn sie hatte ja vor der Wahl den Platz zwei der Landesliste und war als Kandidatin in ihrem Wahlkreis gescheitert.