„Im Handwerk ist alles anders, und das ist schön“, sagt Karl-Wilhelm Steinmann, Präsident der Handwerkskammer Hannover. Er stellte am Montag den aktuellen Konjunkturbericht der Kammer vor. Nahezu jeder fünfte Betrieb habe die Auftragseingänge per Saldo noch einmal steigern können. Jeder dritte Betrieb verzeichne nicht nur steigende Umsätze, sondern investiere auch mehr. Der aktuellen Umfrage zufolge bewerten 92 Prozent der befragten Betriebe ihre Geschäftslage mit gut oder befriedigend.

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Steinmann sprach von einer erfreulichen Entwicklung und sieht trotz Konjunkturdelle und bevorstehendem Brexit gute Chancen für die Zukunft. Natürlich werde auch das Handwerk von negativen Entwicklungen etwas abbekommen. „Auf der anderen Seite ist der Wohnungsmarkt sehr strapaziert, so dass die Politik viel tun muss, um mehr Wohnungen zu bauen. Außerdem müssen wir im Klimaschutz weiterkommen. Es gibt also Bereiche, in denen weiter investiert werden muss, wovon das Handwerk profitieren wird“, sagte Steinmann dem Politikjournal Rundblick.

Das macht sich auch anhand der Zahlen bemerkbar. 36 Prozent der Betriebe erwarten für die Zukunft eine bessere Auslastung, 32 Prozent ein Umsatzplus. Von Eintrübung sei im Kammerbezirk nichts zu spüren, 2019 werde wieder ein gutes Geschäftsjahr für das Handwerk. Der Kammerpräsident bezeichnete das Handwerk als sichere Bank. „Wir machen die Zyklen nicht so extrem mit wie die Industrie. Und wir behalten auch in schlechten Zeiten unsere Beschäftigten.“ Auch im aktuellen Bericht verzeichnet die Kammer erneut einen leichten Beschäftigtenzuwachs. Per saldo stockten vier Prozent der Handwerksbetriebe ihren Personalbestand auf.

Wir machen die Zyklen nicht so extrem mit wie die Industrie. Und wir behalten auch in schlechten Zeiten unsere Beschäftigten.

Dass die aktuell hohe Auslastung der Betriebe den geplanten Zuwachs beim Wohnungsbau bremsen könnte, befürchtet Steinmann nur begrenzt. Derzeit verzeichnet die Kammer eine ausgezeichnete Auftragslage. Das liege auch an der hohen Nachfrage nach Mehrfamilienhäusern und Gewerbebauten. Die Baubetriebe seien allerdings flexibel, wenn die Nachfrage noch weiter steigt. Man könne die Kapazitäten zum Beispiel durch Mitarbeiter aus Osteuropa erweitern. Schwieriger sei es im Ausbauhandwerk, darunter fallen zum Beispiel Glaser, Fliesenleger oder Installateure. Hier sei Deutschland bei den Tätigkeiten auf einem sehr hohen Niveau, auch was die technischen Voraussetzungen anbelange. Die Betriebe dürfte deshalb Schwierigkeiten haben mitzuziehen.


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Für Steinmann wäre die Bundesregierung gut beraten, die technischen Standards „nicht weiter durch die Decke gehen zu lassen“. Es müsse schließlich für den Eigentümer finanzierbar bleiben. „Irgendwann muss auch einmal Schluss sein. Nicht alles, was uns technisch weiterbringt, hat auch die entsprechenden Effekte. Es ist egal, ob man 15 oder 20 Zentimeter Dämmung auf dem Haus anbringt, wenn die letzten fünf Zentimeter nur eine Verbesserung von einem Prozent bringen.“ Gerade im sozialen Wohnungsbau werde man sich über Standards unterhalten müssen. Schließlich solle ja deutlich mehr gebaut werden, und dafür müsse man auch die Investoren finden.

Der konjunkturelle Aufwärtstrend macht sich in allen Landkreisen des Kammerbezirks bemerkbar. Spitzenreiter ist die Region Hannover, wo vor allem die Baubranche als entscheidender Treiber ausgemacht wird, vor den Kreisen Nienburg und Diepholz. Hameln-Pyrmont und Schaumburg bilden wie gewohnt das unter Ende ab. Allerdings liegen alle Kreise im Index nicht beisammen. Auffällig ist, dass sich der Index im Kreis Nienburg wieder erholt hat. Er war bei der letzten Erhebung aufgrund der Ankündigung des Autositzherstellers Faurecia, den Standort zu schließen, stark zurückgegangen. Inzwischen scheint sich das zu verzögern, deshalb gibt es diesmal keine größeren Auswirkungen auf den Geschäftsklimaindex.