Das Fahren auf Niedersachsens Autobahnen wird sicherer – obwohl die Unfallzahlen steigen. Das hat erst kürzlich die neuste Verkehrsunfallstatistik des Innenministeriums bestätigt. Während die Zahl der Verkehrsunfälle um 2000 auf 216.729 anstieg, sank die Zahl der bei einem Autobahnunfall getöteten Menschen von 45 auf 38. Was bedeutet diese Entwicklung für den Alltag der Autobahnpolizei? Hauptkommissar Frank Loeper ist Schichtleiter bei der Autobahnpolizei Garbsen in der Region Hannover und zuständig für die Autobahnen zwischen der Grenze zu Nordrhein-Westfahlen und den süd-, ost- und nördlichen Grenzen der Region Hannover – einer der staureichsten Abschnitte von A7 und A2. „Dass die Unfallzahlen gestiegen sind, merken wir deutlich“, sagt er. Täglich seien die Mitarbeiter dabei, Unfälle aufzunehmen. In fast 99 Prozent der Fälle handelt es sich dabei jedoch um Blechschäden. „Die Autos sind im Aufbau und durch die Technik sicherer geworden.“

30 Prozent mehr Unfälle an Baustellen

An den Unfallursachen dagegen hat sich nur wenig getan. Vor allem in den Staus vor Baustellen kracht es häufig. Wie sehr Baustellen das Verkehrsunfallrisiko beeinflussen, ermittelt die Polizei anhand von Langzeitstatistiken. „Wir erheben von besonders risikoreichen Streckenabschnitten über längere Zeit hinweg Daten“, erklärt Loeper. „Und es hat sich gezeigt, dass auf den Strecken mindestens 30 Prozent mehr Unfälle passieren, wenn dort eine Baustelle ist.“ Meist kommt es zum Unfall, weil Autofahrer das Reißverschlusssystem nicht anwenden, trotz Platzmangel noch die Spur wechseln wollen oder dem Vordermann zu dicht auffahren. „Letzteres ist vor allem bei den Lastwagen ein großes Problem“, sagt Loeper. Die Zahl der Unfälle mit Lastwagen ist zwar im vergangenen Jahr gesunken, doch Auffahrunfälle am Stauende machen immer noch knapp 40 Prozent der Unfallursachen aus.

Polizei ahndet Verstöße gegen Rettungsgasse stärker

Vorsichtig optimistisch äußerte sich Loeper in Bezug auf die Rettungsgasse. „Gefühlt wird es besser“, sagt er. Sogar die Auto- und Lastwagenfahrer aus dem Ausland hielten sich immer öfter an die Rettungsgasse. Der Autobahnpolizist macht dafür vor allem die Kampagnen und die Warnungen in den Medien verantwortlich. Ob auch die Bußgeldsteigerung von 25 auf 200 Euro einen erzieherischen Effekt haben, könne er noch nicht sagen. Sie hat aber Auswirkungen auf die Polizei. Früher schickte die Autobahnpolizei kaum einen zweiten Streifenwagen, um Rettungsgassenverweigerer zur Kasse zu bitten. „Da war der Aufwand größer als der Nutzen. Jetzt aber ist das anders.“ Wenn es die Kapazitäten hergeben, fährt also ein zweiter Streifenwagen mit zur Unfallstelle und die Polizisten nehmen sich all denen an, die keinen Platz machen oder so dreist sind, die Rettungsgasse zu nutzen, um selbst vorwärts zu kommen. Wenn kein Streifenwagen auf die Schnelle zu haben ist, notierten sich Loeper zufolge die Beamten auf dem Weg zur Unfallstelle Kennzeichen und Fahrermerkmale, um später eine Anzeige zu erstatten. „Manchmal bekommen wir auch Hinweise von Bürgern“, sagt Loeper. Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe kritisierte, dass die Rettungsgasse vor allem deshalb oft nicht klappe, weil die meisten Autofahrer viel zu wenig Abstand zum Vordermann hielten und dadurch im Stau kein Bewegungsspielraum bliebe.

Ablenkung am Steuer wichtiges Thema

Franz Behrens, Verkehrsdezernent der Polizei Hannover, würde daher gern häufiger kontrollieren lassen, ob Auto- und Lastwagen-Fahrer die vorgeschriebenen Abstände einhalten. Dazu mangele es momentan aber am Personal. „Die automatischen Abbremssysteme bei Lastwagen sind zwar schon ein Schritt in die richtige Richtung, aber sie helfen nicht, wenn der Fahrer sie ganz einfach abschalten kann“, sagt er. Das passiere im Alltag noch viel zu oft. Doch ebenso hätte Behrens gern mehr Beamte, um härter gegen Ablenkung am Steuer vorzugehen. „Das ist ein immer wichtiger werdendes Thema“, sagt der Verkehrsdezernent. Im vergangenen Jahr hat die Polizeidirektion Hannover daher die Kampagne „Abgelenkt ist neben der Spur“ gestartet, die vor allem Jugendliche für die Gefahr durch das Herumdrücken auf dem Handy während der Fahrt sensibilisieren soll. Kluwe zeigte sich zufrieden, dass die Politik sich in dieser Hinsicht auf die Seite der Polizei stelle: „Wir begrüßen, dass nicht nur die Strafen erhöht wurden, sondern auch, dass die Bedienung aller elektronischen Geräte nun während der Fahrt verboten ist.“ Denn auch Navigationsgeräte stellten eine Gefahr dar.