…ist für klare Worte zur rechten Zeit zu haben. Sie liebt es nicht, um den heißen Brei herumzureden oder sich in diplomatische Klauseln zu flüchten. Wenn sie eine klare Haltung hat, dann äußert sie diese auch direkt und unverblümt. In dieser Woche hat sie es, gemeinsam mit einigen anderen Vertretern ihrer Zunft getan – und zwar kurz vor dem Osterfest, das für sie eine große Bedeutung hat. Die Niedersächsin der Woche…

Foto: EVLKA

…heißt Kerstin Gäfgen-Track, ist promovierte Theologin und spricht neben ihrer Kollegin Andrea Radtke für die Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen. In den hektischen Stunden der vergangenen Woche, in denen die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten erst eine radikale „Osterruhe“ beschlossen hatte und die Kanzlerin das anderthalb Tage später dann als Fehler bezeichnete und wieder einkassierte, brach auch bei den evangelischen und katholischen Kirchen Hektik aus.

Die Vorbereitungen auf Karfreitag und das Osterfest, in der Bedeutung der Kirche noch höher angesiedelt als Weihnachten, laufen längst auf Hochtouren – und nun war auf einmal wieder davon die Rede, die Kirchen sollten sich auf digitale Treffen beschränken und Gottesdienste nur ins Internet verlagern. Gäfgen-Track stand auch für den Satz, die sie, ihre Kollegin Radtke und Felix Bernard von der katholischen Kirche erklärten:

Im Sinne der Eigenverantwortlichkeit der Kirchen ist es unser Ziel, im Rahmen der bisherigen Regelungen der niedersächsischen Corona-Verordnung auch über Ostern Gottesdienste sowohl präsentisch als auch digital zu feiern. Wir legen Wert darauf, dass die Wahl der Formate und die konkrete Ausgestaltung der Gottesdienste weiter in der Eigenverantwortung der Kirchen bleibt.

Auffällig an diesem Statement ist, dass in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen zwei ähnliche Substantive auftauchen – Eigenverantwortlichkeit und Eigenverantwortung. Das ist die gar nicht mal versteckte Aufforderung an die Politik, die im Grundgesetz verbriefte Religionsfreiheit zu achten und bitteschön darauf zu verzichten, den Kirchen die Versammlungen zu Ostern zu verbieten – oder sie zu nötigen, selbst für die Kirche ein solches Verbot auszusprechen.


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Hier melden sich also jene Kräfte zu Wort, die fest auf die Abstands- und Hygienekonzepte in den kirchlichen Gottesdiensten vertrauen. Auch von einem „einvernehmlichen Gespräch mit den kommunalen Behörden“, das in jeder Gemeinde gesucht werde, ist in der Stellungnahme der drei Kirchenvertreter die Rede. 

Für ihre klare Haltung und den unverblümten Hinweis an die Politik, die in der Verfassung verbriefte Religionsfreiheit auch nutzen zu wollen, wird Kerstin Gäfgen-Track der Titel „Niedersächsin der Woche“ verliehen. Die 61-jährige Theologin, die in Wiesbaden geboren wurde und seit 20 Jahren in der Spitze der evangelischen Landeskirche Hannovers arbeitet, hat sich einmal mehr an Martin Luther genommen – wenn man spricht, soll man bitte Klartext reden.