Um die Zukunft der Nord/LB ist es derzeit offenbar gar nicht gut bestellt. Eigentlich wollte Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers, Aufsichtsratschef der Bank, bis Jahresende ein Ergebnis vorweisen. Doch das kommt wohl nicht zustande. Der Grund dafür ist, dass die in politischen Kreisen in Hannover bevorzugte Lösung derzeit völlig blockiert scheint. Dies wäre ein Einstieg der hessisch-thüringischen Landesbank Helaba in die Nord/LB gewesen, die Vorstufe einer späteren Fusion der beiden Landesbanken. Zwar wäre damit Personalabbau verbunden, doch die Entwicklung würde sich vollständig innerhalb des öffentlich-rechtlichen Sektors vollziehen, was bei Beschäftigten und im Landtag als vorteilhaft eingeschätzt wird. Das Problem ist aber, dass im heftigen Streit zwischen der vor allem von hessischen Sparkassen gestützten Helaba und dem Sparkassenverband Niedersachsen (SVN) keine Annäherung erkennbar ist. Das Gegenteil trifft vielmehr zu, zwischen Gerhard Grandke (SPD), Präsident des Sparkassenverbandes Hessen-Thüringen, und dem SVN-Präsidenten Thomas Mang soll Eiszeit herrschen. Grandke soll vorgestern erst wieder einen geharnischten Brief nach Hannover geschickt haben, heißt es.

Diese Verhärtung gibt den mehr als ein Jahr dauernden Bemühungen um eine Lösung für den Eigenkapitalbedarf der Nord/LB, die Rede ist von 3,5 Milliarden Euro, eine tragische Wendung. Weil die Wunschkonstellation, eine sich anbahnende Ehe von Nord/LB und Helaba, weiterhin jenseits jeder Erfolgsaussicht ist, muss sich die Nord/LB wohl oder übel auf die Angebote dreier privater US-Finanzinvestoren stützen. Das sind Cerberus, Centerbridge und Apollo, wobei Apollo schon aussortiert worden sein soll. Nun ist noch nicht klar, was Cerberus und Centerbridge am Ende als Bedingungen nennen werden – doch für Nachverhandlungen mit der Helaba wird mittlerweile die Zeit zu knapp. Die EU-Bankenaufsicht soll erklärt haben, bis Ende Januar ein Ergebnis zu erwarten. Zwar wäre es wohl auch hinnehmbar, später zum Ziel zu kommen. Aber die öffentlich diskutierte Ungewissheit über den weiteren Weg der Nord/LB, befördert derzeit vor allem von Medien aus der Bankenstadt Frankfurt am Main, schadet der Landesbank und erhöht den Handlungsdruck. Am Ende könnten Hilbers und Nord/LB Vorstand Thomas Bürkle dann in der zweiten Januarhälfte gezwungen sein, mit Cerberus einen Vertrag einzugehen. Diese würden dann vermutlich die Hälfte des Kapitalbedarfs zusteuern, etwa 1,75 Milliarden Euro, die andere Hälfte das Land Niedersachsen über die Kreditaufnahme einer noch zu gründenden Beteiligungsgesellschaft.


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Der Grund dafür, dass diese Lösung von vielen Landespolitikern in Hannover nur mit Bauchschmerzen vollzogen werden könnte, liegt weniger im Sonderproblem der Braunschweigischen Landessparkasse (BLSK), die bisher Teil der Nord/LB ist. Vermutlich müsste sie herausgelöst werden aus der Nord/LB, da ein privater Miteigentümer der dann nicht mehr rein öffentlich-rechtlichen Landesbank keinen Zugriff auf eine Sparkasse bekommen soll. Dieser Schritt würde dann bedeuten, dass die Nord/LB ein Herzstück ihrer Stärke und damit auch insgesamt an Wert verlöre. Aber dennoch – dieser Teil gilt als regelbar. Der Nachteil eines Finanzinvestors als Miteigentümer der Nord/LB ist aber vor allem das mangelnde Vertrauen in diese Hedgefonds. Jörg Reinbrecht, Verdi-Fachmann für Banken, bringt es auf den Punkt: „Cerberus zum Beispiel hat ein Interesse an einer kurzfristigen hohen Rendite. Es droht also, dass alle Bereiche, die nicht mindestens zehn Prozent Eigenkapitalrendite bringen, abgewickelt oder verkauft werden.  Unternehmensteile, die zum öffentlichen Finanzsektor gehören wie LBS oder Öffentliche Versicherung werden auf jeden Fall abgestoßen und deshalb eventuell mit anderen Finanzdienstleistern fusioniert. Der Rest der Bank wird massiv durchrationalisiert. Es droht deshalb ein erheblicher Abbau von Arbeitsplätzen. Cerberus hat als Miteigentümer der HSH Nordbank erst vor wenigen Tagen verkündet, die Mitarbeiterzahl von 1700 auf 900 zu drücken.“ Cerberus (auf Deutsch: Höllenhund) ist nicht nur an der HSH Nordbank beteiligt, sondern auch an der Commerzbank und der Deutschen Bank. Beobachter bezweifeln, dass dieser Fonds ein echtes Interesse an einer funktionstüchtigen Landesbank in Niedersachsen haben könnte. Kurz gesagt: Cerberus ist vielen Finanzpolitikern nicht ganz geheuer, deshalb wäre das Unternehmen nur ein ungeliebter Partner.

Die begehrte Alternative allerdings ist derzeit derart verfahren, dass keiner der Beteiligten an eine schnelle Klärung glaubt. Die Helaba wird von den Sparkassen aus Hessen und Thüringen dominiert, diese hatten vor Wochen einen hohen Eintrittspreis formuliert: Die 42 niedersächsischen Sparkassen sollten sich nicht nur an einen Risikofonds der Helaba beteiligen – die Rede ist von 300 Millionen Euro -, sondern auch mithalten bei der anstehenden Eigenkapitalstärkung der Nord/LB, und zwar mit noch einmal 300 Millionen Euro. Der SVN reagierte abwehrend, hält die Forderungen für abwegig, zumal es vielen niedersächsischen Sparkassen schon jetzt schlecht geht und diesen schwer vermittelbar wäre, dass man 600 Millionen Euro geben soll, damit der jetzige SVN-Anteil an der Nord/LB (26,4 Prozent) auf 6 Prozent sinkt und die Entscheidungsgewalt später von Hannover nach Frankfurt verlagert wird. Überdies müsste ein solcher Weg mit jeder einzelnen Sparkasse gesondert vereinbart werden, was alles erheblich kompliziert. Außerdem wird der Helaba verübelt, dass ihr Konzept vorsah, die lukrative Frankfurter Sparkasse und die eigene Wohnungsbaugesellschaft bei diesem Geschäft außen vor zu lassen – sich also die Rosinen vorher herauszupicken. Aus Kreisen des SVN heißt es: „Die Helaba muss sich endlich bewegen, damit etwas geschehen kann.“ Angeblich soll es Kontaktversuche hinter den Kulissen geben, bisher aber ohne Erfolgsaussichten. Andere hoffen auf die Bundesregierung, die steuernd oder helfend eingreifen könnte, sich aber auffällig zurückhält.

So ist die Lage mehr als verzwickt: Das Land Niedersachsen kann selbst nur Geld in die Nord/LB geben, wenn die faulen Schiffskredite abgebaut sind und jede Investition als rentabel gelten würde – das könnte demnächst prinzipiell so weit sein, da die Landesbank parallel mit Cerberus über die Übernahme des Schiffs-Portfolios verhandelt. Neben dem Land Niedersachsen als Nord/LB-Geldgeber muss aber entweder die Helaba oder ein Finanzinvestor als neuer Miteigentümer auftreten – und schon wegen des Zeitdrucks könnte es am Ende der Finanzinvestor werden. Dass das Land Niedersachsen als größter Nord/LB-Anteilseigner allein zur Stärkung der Landesbank aktiv werden könnte, wäre wohl nur um den Verlust der Eigenständigkeit möglich gewesen – dann hätte die Finanzaufsicht in Frankfurt und Brüssel kräftig mitbestimmt, deshalb wollte die Landesregierung diesen Weg nicht gehen. Inzwischen scheint es für ein solches Modell wohl auch schon zu spät zu sein.

Dann käme als letzte Alternative noch die Abwicklung der Nord/LB in Betracht, eine organisierte Schrumpfung. Wie Stefan Wenzel (Grüne) jetzt als Antwort auf eine Landtagsanfrage erfahren hat, wäre es dann vielleicht auch möglich, das Kapital der stillen Einlagen von Finanzanlegern – es sind 3,6 Milliarden Euro – zur Deckung der Ausfälle heranzuziehen. Nur: Wie viele der derzeit 6000 Mitarbeiter der Nord/LB in einem solchen Modellfall noch ihren Job behielten, steht auf einem anderen Blatt. Auch das wäre eher eine düstere Perspektive. (kw)