Eine früher eher seltene Allianz hat sich am Freitag im Landtag zusammengeschlossen: FDP und Grüne haben gemeinsam einen Antrag zur Behebung von „Systemfehlern“ in Schlachthöfen eingebracht. Auch die dritte Oppositionsfraktion, die AfD, stimmte den Forderungen uneingeschränkt zu. Der SPD fielen dazu vor allem Ergänzungen ein. Allein die CDU erkannte deutliche Zielkonflikte und war sich nicht sicher, ob man bei der Beratung im Landwirtschaftsausschuss einen gemeinsamen Nenner finden könne.

Es habe ihm einen „Riesenspaß“ gemacht, den Antrag zu erstellen, sagte der FDP-Abgeordnete Hermann Grupe bei der ersten Debatte zu dem Thema. Um sich nicht in Einzelheiten zu verzetteln, hätten FDP und Grüne „auf ganze Passagen verzichtet“ und den Antrag „besonders schlank“ formuliert. Man wolle im Ausschuss über den richtigen Weg beraten und vor allem Experten mit der Beantwortung strittiger Fragen betrauen. Einen Anspruch auf Vollständigkeit wolle man bewusst nicht erheben.

„Wir werden uns mit Kameraüberwachungen allein nicht zufrieden geben“, sagte Miriam Staudte (Grüne) an die CDU-Fraktion und Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast gewandt – Foto: nkw

Auf immerhin fünfzehn Punkten konnten sich die Grünen und die Freidemokraten aber doch einigen. So sieht der Antrag vor, dass in Niedersachsen kein Tier betäubungslos geschlachtet werden darf. Dazu müssten vor allem die Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen besser gestaltet werden. „Akkordarbeit hat in Schlachthöfen nichts zu suchen“, sagte Grupe am Freitag im Plenum. Miriam Staudte von den Grünen erklärte die Akkordarbeit sogar zum Kernproblem, das zu ungenügender Betäubung führe.

Kameraüberwachung zur Verbesserung der Schlachtbedingungen s1ieht der Freidemokrat Grupe nicht als „Allheilmittel“ und bezeichnete es als „Symbolpolitik“, würde die Landesregierung nur darauf setzen. Sollten aber Kamerasysteme eingesetzt werden, so hoffe er, dass diese auch zu Schulungszwecken eingesetzt würden. Werden Schlachthöfe neu gebaut, wollen FDP und Grüne, dass bei Gebäudeführung und Beleuchtung die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt werden, um den Tieren Stress beim Schlachten zu ersparen. Allerdings, so betonte Grupe, dürfe man hier nicht überziehen, um kleinen und mittleren Schlachthöfen nicht zu schaden. Staudte schlug außerdem vor, die Kontrollen auszuweiten und diese von den Kommunen aufs Land zu übertragen, um die Distanz von Kontrolleuren und Kontrollierten zu erhöhen.

CDU erkennt viele Zielkonflikte

Helmut Dammann-Tamke, CDU-Agrarpolitiker, machte dabei viele Widersprüche aus. Er störte sich am erklärten Ziel der beiden Oppositionsparteien, vor allem kleine und mittlere Schlachthöfe erhalten zu wollen. Einen Zielkonflikt erkenne er da durch die strengeren Auflagen. Außerdem hätten die Schlachthofkontrollen gezeigt, dass kleine Schlachthöfe nicht automatisch ohne Verstöße seien. „Wir dürfen es uns hier nicht zu einfach machen“, sagte Dammann-Tamke. Die Verstöße wie auf dem Schlachthof in Bad Iburg zeigten ein „kollektives Versagen auf allen Ebenen“ und ein solches System entstehe nicht innerhalb von Tagen oder Monaten, sondern von Jahren. Dammann-Tamke möchte keine Totalüberwachung und warnte vor möglichen Hackerangriffen, würden Kameraaufzeichnungen nicht nur lokal, sondern auch extern verfügbar sein.


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Einig waren sich alle Fraktionen, dass die Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen attraktiver gestaltet werden müssten. Für Karin Logemann (SPD) müsse der Mensch insgesamt stärker in den Fokus genommen werden. „Menschen brauchen dieselbe Unterstützung wie Tiere“, sagte die Sozialdemokratin im Landtag und forderte Tarifverträge für Arbeitnehmer in Schlachthöfen, was mit Zwischenrufen der Grünen-Landtagsfraktion quittiert wurde, die SPD solle das doch einfach machen. Aber nicht nur auf der Arbeitnehmerseite wollte die SPD-Politikerin den Menschen stärker in den Fokus rücken, auch die Konsumenten nahm sie in die Pflicht: „Auch als Verbraucher müssen wir uns ehrlich machen und fragen, was wir bereit sind zu bezahlen.“ Dana Guth (AfD), lobte FDP und Grüne für ihren „richtig guten Antrag“ und setzte genau wie die SPD auf eine stärkere Sensibilisierung der Bevölkerung. Sie forderte eine „Aufklärungs- und Imagekampagne“ über die Situation der Nutztiere. Doch sie glaube nicht, dass FDP und Grüne damit Erfolg haben werden. Schließlich fehle den Veterinärämtern jetzt schon das nötige Geld.