Mit einem großen roten Würfel, der symbolisch für ihre Gewerkschaft steht, sind gestern rund 30 Verdi-Mitglieder vor das niedersächsische Finanzministerium gezogen und haben ihre Forderungen unterstrichen. Es geht um die Begleitmusik zu den laufenden Tarifgesprächen für den öffentlichen Dienst der Länder, die derzeit festgefahren scheinen. Zunächst rückte die Delegation mit dem Schlachtruf „Reinhold, rück‘ die Kohle raus!“ vor das Gebäude, dann allerdings wurde das Aufeinandertreffen der beiden Seite betont sachlich, streckenweise geradezu freundlich. Finanzminister Reinhold Hilbers kam aus seinem Ministerium und trat mit den Verdi-Vertretern in einen Dialog. Dabei schienen beide Seiten in der Einschätzung einig, dass die Gespräche festgefahren sind. Für die Länder ist Hilbers in der „Tarifgemeinschaft deutscher Länder“ (TdL) nicht Verhandlungsführer, diese Rolle kommt vielmehr dem Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) zu. Hilbers ist aber sein erster Stellvertreter, also ganz nah am Geschehen.

Die Verdi-Mitglieder fordern sechs Prozent mehr Lohn. Foto: Wallbaum

Verdi und Beamtenbund fordern bisher ein Lohnplus von sechs Prozent, mindestens aber 200 Euro. Ein besonderer Bonus für die Pflegekräfte von 300 Euro soll hinzukommen. Betroffen wären zunächst rund 81.000 Angestellte des Landes in Niedersachsen. Da aber eine „wirkungsgleiche Übertragung“ auf die 134.000 niedersächsischen Landesbeamten und damit auch entsprechend auf die rund 70.000 Pensionäre von Hilbers zugesagt ist, wird vom Schicksal der Verhandlungen der gesamte öffentliche Dienst abhängen. Der niedersächsische Verdi-Landesleiter Detlef Ahting meinte, die Forderung nach sechs Prozent mehr sei keineswegs „fern der Realität“, wenn man im Vergleich dazu die freie Wirtschaft betrachte. Immer stärker komme es darauf an, dass der öffentliche Dienst mit den anderen Branchen Schritt halten kann. „Auch die Anwärter müssen besser besoldet werden, damit wir auch künftig noch Nachwuchs gewinnen können. Wie wäre es, wenn das Land künftig den angehenden Verwaltungskräften nach Abschluss ihrer Ausbildung eine Prämie zahlt, damit sie bleiben und nicht woanders hingehen?“

Streit um die Einstiegsbesoldung

Hilbers entgegnete, nach dem ergebnislosen Abschluss von zwei Verhandlungsrunden und rund eine Woche vor dem Start der nächsten gehe es jetzt darum, die Wünsche der Beschäftigten „mit den Vorgaben der Haushaltswirtschaft in Einklang zu bringen“. Beides liege aber „noch weit auseinander“. Wenn man eine kräftige lineare Erhöhung haben wolle, könne man nicht gleichzeitig für bestimmte Gruppen die Einordnung in die Gehaltstabelle stark verändern – „sonst fehlt an der einen Stelle etwas, was an der anderen draufgelegt werden soll“. Der öffentliche Dienst könne nicht allein über die Gehälter seine Attraktivität gegenüber anderen Berufen herausstellen, er müsse dies auch in anderen Bereichen tun – Vereinbarkeit von Familie und Beruf, abwechslungsreiche Tätigkeiten und Aufstiegsmöglichkeiten. Nach Hilbers‘ Berechnungen addieren sich die Forderungen von Verdi und Beamtenbund auf zehn Prozent (sofern man die sechs Prozent mit den angeregten Verbesserungen für bestimmte Berufsgruppen addiert). Wie der Rundblick erfahren hat, gibt es zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften Meinungsverschiedenheiten über die Frage, für welche Berufsgruppen man die Einstiegsbesoldung verbessern müsse, um genügend Anwärter zu finden. Von IT-Spezialisten und Ingenieuren ist die Rede, aber auch von Sozialarbeitern und Erziehern. Aus Gewerkschaftskreisen heißt es, in den ersten Bereichen würden Kollegen schon in die Kommunalverwaltung wechseln – da diese bessere Bedingungen böten. Am morgigen Mittwoch und nächste Woche will Verdi mit Warnstreikaktionen den eigenen Forderungen Nachdruck verleihen.