Noch am Montag hatte Sozialministerin Carola Reimann öffentlichkeitswirksam dazu aufgerufen, sich gegen die Grippe impfen zu lassen, und der Weihnachtsmann ist mit guten Beispiel vorangegangen. Die vergangene, sehr starke Grippewelle aus dem vergangenen Winter hat allerdings auch schon vorher viele Niedersachsen dazu bewogen, sich für die Impfung zu entscheiden. Doch in zahlreichen Arztpraxen folgt jetzt die Ernüchterung: Der Impfstoff ist nicht da und kann auch nicht kurzfristig beschafft werden.

Der Niedersächsische Hausärzteverband vermeldet, dass viele Hausärzte im ganzen Land davon betroffen sind, dass die drei Pharma-Großhändler den Impfstoff nicht kurzfristig liefern können. In der Regel sind es die Ärzte, die erst vor wenigen Wochen den Impfstoff bestellt haben. Die Mediziner, die schon im Frühjahr ihre Bestellung an die Konzerne geschickt haben, haben den Impfstoff dagegen vorrätig. „Das ist allein schon deshalb ein Unding, weil die Krankenkassen den Ärzten sogar dazu raten, den Impfstoff in kleinen Mengen Step-by-Step nach Bedarf zu ordern. Aber die Ärzte, die diesem Rat gefolgt sind, sind jetzt die Gehörnten“, sagt Hausärzteverbandssprecherin Christiane Mahnke dem Rundblick.


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Die Krankenkassen haben natürlich kein Interesse an einer frühen Order, denn dabei besteht die Gefahr, dass viel Impfstoff am Ende der Saison übrig bleibt, den die Kassen zahlen müssen. Doch der Hausärzteverband glaubt, dass die Pharmaindustrie die Ärzte zu genau diesem Verhalten erziehen will, um den Gewinn dadurch zu steigern. „Der Industrie ist es ja egal, wenn die Ärzte am Ende auf viel Impfstoff sitzen bleiben“, sagt Mahnke.

Das Sozialministerium allerdings will von einer Verknappung nichts wissen. Rund 13,3 Millionen Dosen Grippeimpfstoff seien verfügbar, wenn der Impfstoff regional knapp sei, könne man das Defizit also ausgleichen, wenn man den Impfstoff aus anderen Praxen verlagere. „Kurzzeitige Verschiebungen von  Impfterminen sind vor diesem Hintergrund zwar ärgerlich, sie bedeuten aber nicht, dass für  den Patienten generell keine Impfung möglich ist“, sagt Sozialministeriumssprecher Uwe Hildebrandt. Das Ministerium habe jedenfalls keine Möglichkeit, regulierend in den Markt einzugreifen.

Mahnke hält es dennoch für ein Unding, dass die Patienten überhaupt weggeschickt werden müssten. „Die Menschen haben schließlich in der Regel nicht die Zeit, alle drei Tage zum Arzt zu gehen, in der Hoffnung, der Impfstoff ist da. Dann gehen sie im Zweifelsfall gar nicht mehr hin.“