Weniger und dafür größere Krankenhäuser würden nach Ansicht des Verbandes der Ersatzkassen (VdEK) in Niedersachsen die Suche nach Fachkräften erleichtern. „Gerade kleinere Kliniken, die längerfristig Verluste machen und eine geringe Spezialisierung haben, tun sich schwer, medizinisches und pflegerisches Personal zu bekommen“, sagt Jörg Niemann, Leiter des VdEK in Niedersachsen. „Ein Teil des Mangelempfindens bei Patienten ist auch auf viele Standorte zurückzuführen, die um personelle Ressourcen konkurrieren. Dabei bekommen größere und leistungsfähigere Kliniken leichter gute Fachkräfte.“ Derzeit würden zum Beispiel Geriater händeringend gesucht. Bei diesem „gnadenlosen Wettbewerb“ um Fachärzte hätten kleinere Kliniken oft das Nachsehen. Auch beim Pflegepersonal hätten große Krankenhäuser andere Möglichkeiten und mehr Spielraum als kleinere Standorte. „Man braucht ein Mindestmaß an Personal auf einer 60-Betten-Station, aber eben genauso auf einer 30-Betten-Station“, so Niemann.

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In einem Papier der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle stellen die Wissenschaftler ebenfalls die These auf, dass qualifiziertes Personal im Grunde ausreichend vorhanden, aber auf zu viele Häuser verteilt sei. Es müsse unterschieden werden, „ob der Mangel an Pflegekräften aufgrund steigender Nachfrage (demographischer Wandel) besteht, oder aber Ergebnis der derzeitigen Krankenhausstruktur ist“, heißt es. Die derzeitige Mangeldiskussion resultiere zu großen Teilen unter anderem aus einem unnötig aufgeblähten System mit zu vielen Krankenhäusern. „Eine entsprechende Reduktion der Krankenhäuser, vor allem in Ballungsräumen, und die Aufstockung des medizinischen Personals in den verbleibenden Häusern würden zu adäquaten Patienten-Pflegepersonal-Zahlen führen und damit sowohl die Versorgungsqualität deutlich erhöhen als auch die Überlastungen beim medizinischen Personal reduzieren“, lautet die These der Forscher.

Niemann plädiert dafür, sachliche Kriterien für Mindestgrößen von Krankenhäusern einzuführen. Die Diskussionen um Standorte vor Ort seien häufig weniger sachlich als vielmehr symbolhaft. „Das ist durchaus verständlich, weil Menschen vor Ort sagen: Erst ist die Post weg, dann das Amtsgericht und bald auch noch das Krankenhaus. Die Sorgen der Anwohner vor Ort kann man nicht kritisieren“, so Niemann. Umso mehr seien die Planungsbehörden dabei gefragt, nötige Veränderungen zu erläutern. Dazu gehöre eben auch, dass es in größeren Einrichtungen auch mehr Möglichkeiten gebe und die angeblich verlässliche und stabile Struktur in kleineren Kliniken oft nicht mehr der Wirklichkeit entspreche. Denn hier arbeiteten oft Honorarärzte, die nur zeitweise in der Klinik präsent seien.

Die Patienten sind den Argumenten möglicherweise durchaus aufgeschlossener. Einer Umfrage der Beratungsagentur PWC zufolge würden mehr als 40 Prozent der Deutschen einen längeren Weg als 50 Kilometer fahren, um ein Krankenhaus aufzusuchen, das ihren persönlichen Qualitätsanforderungen entspricht. Für fast 60 Prozent ist „ein großes Team von Topärzten und Spezialisten“ ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl des Krankenhauses. Bei schlechter finanzieller Lage einer Klinik befürchten viele negative Auswirkungen auf die Qualität der ärztlichen Versorgung.  Die Qualität in den Kliniken sollte laut VdEK gerade beim Personal noch gesteigert werden. „Wir wollen eine zahlenmäßige Untergrenze für Pflegekräfte und Ärzte, damit jeder Patient sicher sein kann, dass es im Krankenhaus eine Mindestausstattung gibt“, sagt Niemann. Schließlich wolle man für die mehr als sechs Milliarden Euro in Niedersachsen eine gute Behandlung für die Patienten erreichen. Und dabei seien Ärzte und Pflegekräfte zentral. Niemann kritisiert in diesem Zusammenhang erneut die im neuen Krankenhausgesetz geplante Mindestanzahl von Klinik-Apothekern. „Das geht völlig am Ziel vorbei. Die Kernleistungen in einem Krankenhaus werden schließlich von Ärzten und Pflegekräften erbracht.“