Trotz zahlreicher Gespräche mit dem niedersächsischen Umweltministerium halten der Naturschutzbund (Nabu) Niedersachsen und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) an ihren Plänen für ein Volksbegehren zum Artenschutz fest. Damit wollen die Verbände den Bürgern einen eigenen Entwurf für ein neues Landes-Naturschutzgesetz präsentieren, wie Nabu-Landeschef Holger Buschmann im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick erläutert. Nabu und BUND entwerfen so eine eindeutige Alternative zu einem vom niedersächsischen Umweltministerium erarbeiteten Entwurf.

Wie kam es dazu? Bereits im August hatten die Verbände diversen Akteuren der Landespolitik einen Katalog mit Forderungen zu konkreten Artenschutz-Maßnahmen zukommen lassen. Doch die Gespräche stellten sich offenbar als sehr zäh heraus, und auch praktische Folgen zeichnen sich bislang noch keine ab. Der Nabu hat deshalb in den zurückliegenden Monaten seinen eigenen Gesetzentwurf von Juristen prüfen lassen. Zurzeit werden noch einige Kürzungen vorgenommen, erklärt der Nabu-Vorsitzende. Doch bereits Ende dieser Woche könnte der Abstimmungstext druckreif sein – und das Volksbegehren dann theoretisch in Gang gesetzt werden.


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„Es ist nicht mehr die Frage ob, sondern wann das Volksbegehren kommt“, berichtet auch ein Mitglied der SPD-Landtagsfraktion im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Er erzählt auch, dass sich unter manchen Abgeordneten Unmut über das SPD-geführte Umweltministerium ausbreite. Denn eigentlich hätte das Naturschutzgesetz bereits im vergangenen Jahr beschlossen werden sollen, doch in den Fraktionen ist der Entwurf bis heute nicht angekommen. Nabu-Chef Buschmann zeigt zwar Verständnis dafür, dass es aufgrund der formulierten Einwände der Verbände zu Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess kommt. Er macht aber auch sehr deutlich, dass er keine essenziellen Nachbesserungen oder Zugeständnisse aus dem Ministerium mehr erwartet.

Gesetzentwurf der Landesregierung geht dem Nabu-Chef nicht weit genug

Am bisherigen Gesetzentwurf, den das Umweltministerium im Herbst den Verbänden für eine Stellungnahme hat zukommen lassen, findet Niedersachsens Nabu-Chef nach eigenen Worten „nichts Positives“ und bezeichnet ihn als „lächerlich“. Es sei im Vergleich zur aktuellen Gesetzeslage praktisch nichts Neues dazugekommen, erklärt er. Einzig der Erschwernisausgleich in Schutzgebieten soll demnach ausgeweitet werden. So sieht der Entwurf wohl vor, dass Ausgleichszahlungen für Ertragsausfälle aufgrund der Schutzbestimmungen nicht mehr nur in Naturschutz-, sondern auch in Landschaftsschutzgebieten ermöglicht werden sollen.

Was wir unterbreiten, sind bereits Kompromisse, denn wir denken ja die wirtschaftliche Seite schon mit.

Die Naturschutzverbände fordern aber weiterreichende Maßnahmen, zum Beispiel soll ein erweitertes Ordnungsrecht Einzug halten. Einschränkungen sehen Nabu und BUND etwa bei der Verwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden als geboten an. Das Naturschutzgesetz sollte zudem Fördermöglichkeiten für Landwirte vorsehen, die ihren Betrieb reduzieren wollen. Feldrainen, Hecken und artenreiches Grünland sollten über das Naturschutzgesetz gefördert und geschützt werden. Außerdem wollen die Naturschützer eine Mindestfläche für Biotopverbundsysteme – 10 Prozent bis 2022, 13 Prozent bis 2027.

Im rot-schwarzen Gesetzentwurf sei dazu allerdings nichts zu finden – womöglich auch, weil sich hier erneut ein Konflikt mit den Interessen der Landwirtschaft ergibt, die bei höheren Umweltstandards Ertragseinbußen fürchten. Zwar organisieren Umwelt- und Landwirtschaftsministerium nun in enger Taktung auch Gesprächsrunde mit den Naturschutzorganisationen auf der einen, der Landwirtschaftskammer und dem Landvolk auf der anderen Seite des Tisches. Doch für den Nabu scheinen die Spielräume für einen Kompromiss weitgehend ausgeschöpft zu sein. „Was wir unterbreiten, sind bereits Kompromisse, denn wir denken ja die wirtschaftliche Seite schon mit“, sagt Buschmann.

Verbände hoffen noch immer auf Einlenken der Landesregierung

Susanne Gerstner, BUND-Landesgeschäftsführerin, bekräftigte im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick aber noch einmal, dass die Verbände eigentlich ein großes Interesse daran hätten, auf das Volksbegehren verzichten zu können. Denn neben dem großen Ressourcenaufwand dieses Unterfangens stünden der Politik viel mehr Handlungsmöglichkeiten offen – etwa über Förder- oder Fortbildungsprogramme. Doch bis auf Weiteres schwebt das Volksbegehren wie ein Damoklesschwert über der gesamten Natur- und Artenschutzdebatte. Ein Volksbegehren muss von zehn Prozent der Wahlberechtigten (knapp 610.000 volljährigen Niedersachsen) unterstützt werden. Kommt das Begehren zustande, kann der Landtag den Entwurf annehmen – oder es kommt zum Volksentscheid.