Der Streit schwelt bereits seit Jahren – an diesem Montag entscheidet sich, ob er vor Gericht weitergeführt wird: Der Kreistag in Goslar stimmt am Nachmittag über eine Klage gegen die Asklepios-Harzkliniken ab. Dabei geht es für den Klinikkonzern um eine Vertragsstrafe von bis zu 20 Millionen Euro. Der Landkreis Goslar wirft Asklepios vor, die Klinik in Clausthal-Zellerfeld nicht wie vertraglich vereinbart erhalten und weiterentwickelt zu haben.

Die Fronten sind verhärtet. Die Asklepios-Geschäftsführung spricht von Scheinheiligkeit und wirft den politisch Verantwortlichen im Land sowie im Landkreis vor, die Klinik im Stich gelassen zu haben. Dass es zu einer Klage kommt, ist so gut wie sicher. „Ich habe den Eindruck, dass der Kreistag mit sehr großer Mehrheit den Weg für eine Klage freigeben wird. Es geht uns um den Erhalt des Standorts und die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung der Menschen im Oberharz“, sagt Alexander Saipa, Generalsekretär der niedersächsischen SPD und Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Beobachter gehen davon aus, dass heute allein die AfD im Kreistag gegen das Klageverfahren stimmen wird. Kommt es zur Klage, wird der Weg allerdings lang. Ein solches Verfahren dürfte nach Einschätzung des Landkreises mindestens drei Jahre dauern.

Klinik steht schon seit Jahren auf der Kippe

Die Klinik in Clausthal-Zellerfeld steht schon seit vielen Jahren auf der Kippe. Im Jahr 2003, als Asklepios die Krankenhäuser in Clausthal-Zellerfeld, Bad Harzburg und Goslar übernahm, bekam der Konzern einen millionenschweren Nachlass auf den Kaufpreis. Dieser war allerdings mit genau der Vorgabe verknüpft, die jetzt zum Streitfall vor Gericht wird: die Versorgung an allen drei Standorten zu gewährleisten und weiterzuentwickeln – auch in Clausthal-Zellerfeld.

Seitdem hat es all die Jahre immer wieder Streit um den Standort gegeben. Kritiker werfen dem Klinikkonzern vor, im Oberharz systematisch Betten abgebaut und eine ganze Abteilung leergeräumt zu haben. Der FDP-Politiker  Jürgen Lauterbach aus dem Kreistag stellte die Vermutung auf, der Konzern habe die Strategie, den Standort in Clausthal trotz gegenteiliger Beteuerungen „tot zu kriegen“. Der Klinikleitung attestierte er „eine Vermengung von Realitätsverlust und Zynismus“.


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Für die Leitung der Harzkliniken sind die Vorwürfe dagegen „völlig absurd und sachlich unberechtigt“. Man stehe uneingeschränkt zum Versorgungsauftrag und allen Verpflichtungen, die man mit dem Kauf im Jahr 2003 übernommen habe. Man stehe definitiv hinter dem Standort in Clausthal-Zellerfeld, machten Vertreter der Klinik auf einer Pressekonferenz am Freitag deutlich. Schließlich nehme man jedes Jahr auch einen Fehlbetrag von etwa 800.000 Euro für den Standort in Kauf. Einer Klage sehe man gelassen entgegen.

Klinikbetreiber wirft Politik Scheinheiligkeit vor

Am Freitag war man auf Seiten der Klinikbetreiber sichtlich bemüht, verbal abzurüsten. Tage zuvor hieß es noch in einer Presseinformation: „Vielleicht würde ein Klage-Verfahren endlich mal Transparenz in die Scheinheiligkeit bringen, mit der die politisch Verantwortlichen seit Jahren den Eindruck vermitteln, für den Standort Clausthal-Zellerfeld kämpfen zu wollen, aber gleichzeitig unterlaufen sie alle Bestrebungen, diesen Standort wirklich weiterzuentwickeln.“ Die Klinikbetreiber verwiesen auf einen Streit aus dem Jahr 2014. Damals hatten die Harzkliniken ein Konzept für eine Geriatrie mit 85 Betten vorgelegt. Eine Anzahl, die vom Land selbst vorgeschlagen worden war.

Am Ende sollten es denn aber doch nur noch 28 Betten und eine Förderung weit unter dem von Asklepios vorgeschlagenen Betrag sein. Die endgültige Größe der Geriatrie ist aus Sicht des Trägers allerdings zu klein, um sie medizinisch sinnvoll betreiben zu können. Im vergangenen Jahr 2018 kündigte dann der Verband der Ersatzkassen (VDEK) dann den Versorgungsvertrag. Das Sozialministerium, das den Standort erhalten wollte, lehnte das ab.

Inzwischen befürchtet man in Clausthal-Zellerfeld erneut finanzielle Engpässe im Budget – unter anderem durch neue  Regelungen für die Notfallversorgung. Das alles seien Umstände, die von den Harzkliniken nicht beeinflusst werden könnten, heißt es seitens der Klinikleitung.