Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) zieht maßvoll Konsequenzen aus der Panne beim Politik-Abitur am vergangenen Donnerstag. Das zuständige Fachreferat werde ab dem nächsten Jahr die Ersatz-Klausuren „pro-aktiv“ schon im Vorfeld verschlüsseln, damit diese im Notfall rascher an die Schulen übermittelt werden können. Man rechne damit, durch diese Maßnahme etwa eine halbe Stunde schneller reagieren zu können. Man meint, die Klausuren nur individuell verschlüsselt an die Schulen übersenden zu könne, um mögliche Hackerangriffe oder anderweitige illegale Weitergaben der Inhalte zu verhindern. Außerdem werde im Kultusministerium derzeit geprüft, mit welchen sonstigen technischen Lösungen die Abläufe beschleunigt werden können.

Foto: monkeybusinessimages via Getty Images

Vorige Woche war es aufgrund eines Einbruchs in eine Schule in Goslar zu einer Verzögerung bei der Durchführung der Abiturprüfungen im Fach Politik-Wirtschaft gekommen. Weil nach Bekanntwerden des Einbruchs, bei dem auch die vorkopierten Klausuren aus dem Schultresor entwendet worden waren, nicht sichergestellt werden konnte, dass die Inhalte nicht vorab verbreitet wurden, musste das Kultusministerium den Prüfungsvorgang stoppen und neue Klausuraufgaben bereitstellen. Laut Darstellung der Kultusministerin habe ihr Haus um 6:45 Uhr von dem Einbruch erfahren. Um 7 Uhr sei die Entscheidung getroffen werden, die Prüfung zu stoppen und Vorbereitungen in die Wege zu leiten, um die Ersatz-Klausuren zu verbreiten. Etwa um 7:30 Uhr habe man die Schulleitungen darüber informiert, die bereits am Vortag zugestellten Klausuren nicht zu verwenden.

Eine Stunde später habe man die Schulleitungen darüber informieren müssen, dass sich dieser Schritt aus technischen Gründen noch etwas verzögere. Den Schülern wurde daraufhin die Möglichkeit gegeben, den Prüfungsort zu verlassen, um sich die Beine zu vertreten. Um 9:35 Uhr habe das Kultusministerium dann die Mail mit der Download-Funktion für die neue Klausur verschickt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass den Prüflingen die Möglichkeit geboten werden soll, die Klausur erst am 8. Mai zu schreiben. Damit wollte man sofort auf die belastende Situation durch die Verzögerung reagieren und den Schülern eine entspanntere Alternative anbieten.

Krisen-Kommunikation soll bei Alarmtag durchgespielt werden

Wie sich inzwischen gezeigt hat, haben allerdings nicht alle Schulen die Informationen aus dem Kultusministerium wie gewünscht zur Kenntnis genommen und entsprechend weitergegeben. Eine interne Aufarbeitung der Abläufe habe gezeigt, dass mehrere Schulen versäumt haben, den Schülern die Wahlmöglichkeit anzubieten. An einer Schule, der KGS Drochtersen (Kreis Stade), wurde sogar die ursprüngliche Klausur geschrieben. Die Prüflinge dieser Schule sind nun alle gezwungen, am 8. Mai erneut eine Prüfung abzulegen. All jenen, denen man diese Möglichkeit nicht offeriert hatte, wird diese nun nachträglich zur Wahl gestellt: Entweder wiederholen sie ihre Prüfung oder sie bleiben bei der bereits in der vorigen Woche erbrachten Leistung. Die Entscheidung müsse allerdings getroffen werden, bevor die Klausuren aus der Vorwoche kontrolliert werden, betonte Hamburg.

Die Kommunikationspanne zwischen Kultusministerium und Schulleitungen soll nun aufgearbeitet werden. Laut Kultusministerin haben die betroffenen Lehrkräfte unterschiedlichste Begründungen geliefert, weshalb Informationen untergegangen seien. Vorrangig habe es am erhöhten Druck in der ungewohnten Situation gelegen. Alle hätten aber mit dem Vorsatz gehandelt, möglichst schnell zugunsten der angehenden Abiturienten zu reagieren. Behördenseitig werde man nun das Gespräch suchen, falls nicht erlasskonform gehandelt wurde. Man wolle erörtern, woran das gelegen hat, und darlegen, warum ein anderes Vorgehen sinnvoller gewesen wäre. Des Weiteren erwägt das Kultusministerium, im kommenden Jahr einen „Alarmtag“ durchzuführen, an dem Ministerium und Schulen ausprobieren könnten, wie in einer solchen bislang bundesweit einmalligen Krisensituation zu reagieren sei.

Keine Änderung an der Benotung

Einem Rabatt bei der Bewertung der Abiturprüfungen hat die Kultusministerin derweil eine Absage erteilt. Schülervertretungen hatten dies gefordert und eine Petition auf den Weg gebracht, die von mehr Menschen unterzeichnet wurde, als überhaupt an der Prüfung teilgenommen haben. Hamburg betonte mehrfach, dass die Möglichkeit, die Klausur Anfang Mai nachschreiben zu können, bereits der entsprechende Nachteilausgleich sei, den man den Schülern anbieten könne. Der Wunsch der Schüler sei zwar „nachvollziehbar“, sagte die Ministerin, ordnete dann aber ein: Für einen solchen Schritt müssten konkrete Gründe vorliegen – beispielsweise, dass der Umfang zu groß oder die Zeit zu knapp gewesen seien. Beides sei bei dieser Abiturprüfung auch nach Aussage der Prüflinge allerdings nicht so gewesen. Auch aus Gründen des Chancenausgleichs mit allen Abiturienten, die gerade ihre Prüfungen schreiben, werde es deshalb keinen Extra-Punkt für das Politik-Abitur geben.