Die Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder geht an diesem Wochenende in die entscheidende Phase, mit einem Durchbruch wird allgemein gerechnet. Nach der bisherigen Wahrnehmung besteht zwischen beiden Seiten aber noch eine erhebliche Lücke. Die Gewerkschaften Verdi, GEW und Beamtenbund fordern sechs Prozent mehr – mindestens aber 200 Euro. Die Arbeitgeber haben darauf noch nicht erwidert. Nun ist Hilbers zwar nicht Verhandlungsführer der Länder, aber die Nummer zwei in der „Tarifgemeinschaft deutscher Länder“ (TdL). Er hat wiederholt erklärt, dass eine sechsprozentige Gehaltserhöhung „völlig unrealistisch“ sei. Bisher hat der Minister offiziell ein Plus von zwei Prozentpunkten in die niedersächsische Finanzplanung aufgenommen. Wie es heißt, verfügt Hilbers darüber hinaus über einen „Reservebetrag“, über dessen konkrete Höhe er aber Stillschweigen bewahrt. Angeblich soll dieser Betrag höher als ein Prozentpunkt sein. Der Minister rechnet nun vor: „Jeder Prozentpunkt mehr am Gehalt führt zu Mehrausgaben für Personal im Landeshaushalt von 140 Millionen Euro jährlich.“ Das gelte dann, wenn man diese Erhöhung für die 81.000 Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes auch auf die 134.000 Beamte und die 70.000 Pensionäre eins zu eins übertragen würde. Eine sechsprozentige Gehaltssteigerung für den öffentlichen Dienst würde demnach (gemessen am offiziellen Gehaltsplus in der Finanzplanung von zwei Prozent) Mehrausgaben von 560 Millionen Euro im Jahr verursachen.

Dies ist allerdings nur ein Teil einer noch viel komplizierteren Berechnung. Bei den Tarifgesprächen zwischen den Ländern und die Gewerkschaften steht nämlich die lineare Anhebung der Tarife nicht im Vordergrund. Vor allem geht es um die recht verzwickte Frage, ob nicht vielmehr bestimmte besonders belastete Berufsgruppen – etwa die Pflegekräfte – generell besser eingestuft werden sollten. Wenn man zu diesem Ergebnis käme, also eine etwas geringere lineare Anhebung zugunsten einer stärkeren Unterstützung bestimmter Gruppen, dann wäre die von Hilbers versprochene „wirkungsgleiche Übertragung“ eines Tarifabschlusses auf die Beamten gar nicht so einfach zu lösen. Die Antwort auf diese Frage würde Interpretationsspielräume eröffnen. Das könnte der Landesregierung allerdings durchaus gelegen kommen. Die aktuelle Debatte über eine Übertragung des absehbaren Tarifabschlusses auf die Beamten mischt sich nämlich mit einer anderen, seit einem knappen halben Jahr ungelösten Herausforderung. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im vergangenen Oktober entschieden, dass die Beamtenbesoldung in Niedersachsen seit 2005 nicht mehr verfassungsgemäß sei. Da es diesem Gericht nicht zusteht, die Verfassungsmäßigkeit selbst förmlich festzustellen, entschieden die Richter, das Bundesverfassungsgericht mit der Prüfung zu beauftragen. Ein Ergebnis dort dürfte aber in diesem Jahr noch nicht fallen. Nun gäbe es für das Land die Möglichkeit, ein höchstrichterliches Urteil abzuwarten, zumal das Bundesverfassungsgericht die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht teilen muss. Ein anderer Weg wäre, im Vorfeld die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes schon mal auszuräumen – damit man im Fall eines später ungünstigen Urteils aus Karlsruhe schon mal gerüstet wäre und einen Ausweg parat hätte.

GdP für Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes

Wie es heißt, ist der Weg noch nicht entschieden. Es gibt in der Landesregierung Anhänger des Abwartens ebenso wie solche, die gern früh Fakten schaffen möchten. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hatten vor allem den fehlenden Abstand unterer Lohngruppen zum Sozialhilfeniveau beanstandet – auch eine Folge der Tatsache, dass Niedersachsen seit 2005 kein Weihnachtsgeld für Beamte mehr zahlt. Eine Höherbewertung unterer Einkommensgruppen wäre aber wohl nicht so einfach machbar, weil dadurch die notwendigen Distanzen zu den nächst höheren Stufen verkürzt würden. Dieser Weg würde wohl eine umfangreiche Neubewertung aller Positionen im öffentlichen Dienst nötig machen, ein rein zeitlich und organisatorisch überaus anspruchsvolles Vorhaben. Eine Alternative hatte die Gewerkschaft der Polizei im vergangenen Jahr angeregt – nämlich die Wiedereinführung eines Weihnachtsgeldes für Beamte. Dies könne ein einmaliger Pauschalbetrag pro Kopf von 500 Euro sein, meinte die GdP und rechnete vor, dass dieser Schritt bei rund 200.000 Beamten und Pensionären in Niedersachsen eine jährliche Haushaltsbelastung von 100 Millionen Euro nach sich zöge. Bisher ist die Landesregierung auf diesen Plan noch nicht eingegangen. Immerhin weiß die GdP den SPD-Landesparteitag auf seiner Seite, der im April vergangenen Jahres (gegen die Einwände der Parteiführung) die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes gefordert hatte.