Die Entscheidung fiel gestern einstimmig im Kreis der 42 Sparkassenvorstände: Der Sparkassenverband Niedersachsen (SVN) billigt das Rettungsmodell für die mittlerweile sanierungsbedürftige Nord/LB und rafft sich auf, einen Betrag von rund 280 Millionen Euro dafür aufzubringen. Dieser ist knapp 20 Millionen Euro niedriger als bisher angepeilt, da der Kapitalbedarf für die Nord/LB nach jüngsten Berechnungen der Europäischen Zentralbank nicht 3,7 Milliarden Euro, sondern lediglich 3,5 Milliarden Euro ausmacht. Noch ein zweiter Schritt wurde gestern von den Führungen der Sparkassen einmütig festgelegt: Der SVN trägt seinen Teil (rund 36 Millionen Euro) zur Wiederauffüllung des Stützungsfonds aller Sparkassen.

Für die Nord/LB müssen die Sparkassen ihr Sparschwein plündern – Foto: MB.

Dies wird nötig, weil der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) seinen künftigen 1,2-Milliarden-Anteil an der Nord/LB in drei Tranchen aufgegliedert hatte: Erstens rund 400 Millionen Euro von den bisherigen Sparkasseneigentümern (vor allem der SVN, aber auch die Verbände in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt), zweitens rund 400 Millionen über den Stützungsfonds der Sparkassen (mit dem 36-Millionen-Anteil der Niedersachsen) und drittens rund 400 Millionen über den Stützungsfonds der übrigen deutschen Landesbanken. Daneben will das Land Niedersachsen 1,5 Milliarden Euro in die Nord/LB geben und eine Milliarde Euro an Garantien übernehmen. Eine Beteiligung von Sachsen-Anhalt in Höhe von rund 200 Millionen Euro ist geplant – das Kabinett in Magdeburg hat aber noch nicht endgültig entschieden.

Rettungsversuch auf dünnem Eis

Die Einstimmigkeit der niedersächsischen Sparkassen kommt überraschend, zumal noch vor wenigen Monaten dort die Ansicht vorherrschte, man wolle zur Rettung der Nord/LB keinen Cent mehr beitragen. Offenbar änderten die Sparkassenoberen ihre Haltung, nachdem sie sich die Alternativen vor Augen führten. Bei einer drohenden Abwicklung der Nord/LB wäre der Stützungsfonds der Sparkassen wohl zuallererst gefordert gewesen, die dann nötigen Beträge wären viel höher gewesen. Gleichwohl ist das jetzt beschlossene Engagement des SVN, das morgen öffentlich verkündet werden soll, mit einer gehörigen Portion Skepsis und Vorsicht verknüpft.

Die Sparkassen mussten mit Blick auf ihre eigene Bilanz die Bedeutung ihres jetzt beschlossenen Anteils einschätzen. Sie stützten sich dabei auf ein Gutachten von Pricewaterhouse-Coopers – und entschieden nach Rundblick-Informationen anschließend, dass die Werthaltigkeit des 280-Millionen-Beitrags „nach aktuellem Kenntnisstand nur teilweise gegeben“ sei. Die andere Alternative im Beschluss, wonach die Werthaltigkeit „gegeben“ sei, wurde verworfen. Dies hat eine Bedeutung für die Bilanzen der 42 Sparkassen, die nun einen Anteil aufbringen und diesen in ihren Geschäftsberichten verankern müssen. Es ist aber auch ein Signal, auf welch dünnem Eis sich der Rettungsversuch für die Nord/LB derzeit noch befindet.

Zahl der Mitarbeiter könnte drastisch sinken

Hinter den Kulissen arbeiten Nord/LB-Vorstand, Aufsichtsratschef Reinhold Hilbers und die künftigen Eigentümer eifrig an einem Business-Plan, der mit der EU-Kommission und der europäischen Bankenaufsicht abgestimmt werden muss. Angeblich soll dieser Anfang März vorliegen. Ziel ist es, der künftig geschrumpften Nord/LB ein Geschäftsmodell zu verpassen, dass eine Rendite von acht bis neun Prozent jährlich verspricht. Dies dürfte zum einen nur gehen, wenn die Mitarbeiterzahl drastisch sinkt. Statt 3500 Mitarbeiter an den deutschen Standorten wären dann womöglich nur noch 1500 verkraftbar.

Zum anderen bräuchte die Nord/LB ein tragfähiges Bankprofil, das mehr bieten muss als das Profil einer Sparkasse (denn sonst entstünde eine Konkurrenz zur Sparkasse Hannover). Bisher werden Windenergie, Agrarprojekte und Flugzeugfinanzierungen als Schwerpunkte der Nord/LB genannt, das krisenanfällige Schiffsgeschäft soll es jedenfalls nicht mehr sein. Aber mehrere Landesbanken (etwa in Stuttgart oder Frankfurt) sollen schon ihre Fühler nach den lukrativen Teilen der Nord/LB ausgestreckt haben – manche von ihnen wittern offenbar die Chance, sich aus der am Boden liegenden Nord/LB die besten Stücke herausschneiden zu können. Hilbers muss das und damit den Ausverkauf der Nord/LB verhindern – denn andernfalls könnte er kein Geschäftsmodell vorlegen, das die nötigen Renditeversprechen hält.

Misslingt ihm das aber, droht ein Veto von EU und Bankenaufsicht zum Rettungskonzept. Schwierig wird auch die angekündigte Herauslösung der „Braunschweigischen Landessparkasse“ (BSLK) aus der Nord/LB bis zum Jahr 2022: Schon wie das rein technisch laufen könnte, ist derzeit völlig rätselhaft, denn die BLSK hat bisher nicht mal eine eigene EDV. Man müsste also eine völlig neue Bank aufbauen. So schnell, wie manche hoffen, sei das nicht machbar, heißt es in Hannover.


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