Der Landtag hat am Mittwoch leidenschaftlich über die Büroleiter-Affäre von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) gestritten. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wiard Siebels warf der CDU eine „Schmutzkampagne“ vor und erklärte: „Es liegt zu dem Sachverhalt alles auf dem Tisch. Es gibt also nichts mehr aufzuklären. Die Verantwortlichen stehen dazu, was sie getan haben. Wieso dann einen Untersuchungsausschuss? Sie unternehmen den Versuch einer Skandalisierung.“

„Die Vorwürfe der CDU-Fraktion sind aus der Luft gegriffen und haltlos“, sagt Wiard Siebels (SPD). | Foto: Plenar-TV/Screenshot: Link

Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU) forderte die Aufhellung aller Umstände, Motive und Abläufe, die zu einer Aufstockung des Gehalts von Weils Büroleiterin Aynur C. geführt hatten. Am 21. November 2023 hatte das Kabinett entschieden, die Besoldung von C. um knapp 2000 Euro zu erhöhen – und zwar rückwirkend zum 1. August 2023. Die Rechtsgrundlage dafür, eine Änderung der Verwaltungspraxis, war erst am 20. November 2023 geschaffen worden – auf dem Wege einer Entscheidung von Finanzminister Gerald Heere (Grüne). Vorher hatte es monatelang erhebliche Widerstände des Fachreferats im Finanzministerium gegen eine Höherstufung von C. gegeben.

„Wenn Sie und Ihre SPD nach elf Jahren einfach keine Lust mehr haben, sich an Regeln zu halten, ist es unsere Verantwortung den Menschen in Niedersachsen gegenüber das zu klären“, sagt Sebastian Lechner (CDU). | Foto: Plenar-TV/Screenshot: Link

In der Debatte zum Antrag der CDU, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) einzusetzen, erwähnte Lechner mehrere Auffälligkeiten im Verhalten des Ministerpräsidenten und der Staatskanzlei. Die rückwirkende Höherstufung sei aus Sicht der CDU rechtswidrig gewesen, dazu schweige Weil jedoch. Staatskanzleichef Jörg Mielke habe die Personalie mit Macht gegen Widerstände – auch aus der Staatskanzlei selbst – im Kabinett durchgedrückt. Er habe sie Tage vor der Entscheidung des Finanzministers für das Kabinett angemeldet. „Fassungslos“ mache ihn, so Lechner weiter, dass die fachlichen Bedenken dem Chef der Staatskanzlei offenbar völlig egal gewesen seien. Dann habe Weil in einem Interview erklärt: „Für mich ist das Finanzministerium der Finanzminister.“ Damit habe der Regierungschef seine Überheblichkeit gegenüber den Mitarbeitern des Finanzministeriums unterstrichen. Zu Heere gewandt sagte Lechner: „Was haben Sie dem Ministerpräsidenten angetan, dass er sie jetzt so in Mithaftung nimmt?“



Überall im Lande gebe es Mitarbeiter in Krankenhäusern, Gefängnissen und bei der Polizei, die sehr lange auf eine Gehaltserhöhung warten müssten – während für die Büroleiterin von Weil, eine SPD-Funktionärin, alle Hebel für eine bessere Besoldung in Bewegung gesetzt worden seien. Bis heute habe der Ministerpräsident seinen Fehler in dieser Sache nicht eingeräumt, sondern lediglich erklärt, im Ablauf der Dinge nicht geschickt genug vorgegangen zu sein. „Sie machen sich Gedanken darüber, wie Sie Ihr Vorgehen besser hätten verstecken können“, fügte Lechner hinzu.

„Es gibt nichts zu untersuchen.“

Wiard Siebels (SPD)

Siebels erwiderte, die CDU versuche einem Vorgang „ein Geschmäckle zu geben, das einfach nicht vorhanden ist“. Es sei um die generelle Änderung der Vergütungspraxis gegangen, die nur vom Einzelfall der Büroleiterin ausgelöst worden sei. Die CDU liefere einen „aufgeblasenen Popanz“ und die SPD werde nun mit „kleinen Anfragen“ ergründen, wie die Personalpolitik in CDU-geführten Ministerien zu deren Regierungszeit gelaufen sei. Zum Fall C. sagte Siebels: „Es gibt nichts zu untersuchen, Sie haben sich verrannt.“ Volker Bajus (Grüne) meinte, der Vorgang sei „banal“, denn es gehe doch im Grunde nur um neue Regeln für außertarifliche Vergütungen. Peer Lilienthal (AfD) sprach von der Verpflichtung Weils, persönlich Rechenschaft abzulegen. Der Ministerpräsident schwieg aber in der Debatte.


Dirk Toepffer für Vorsitz im Gespräch: Die CDU-Landtagsfraktion will erst im April entscheiden, wer den Untersuchungsausschuss leiten soll. Es gibt Hinweise, dass die Rolle dem Rechtsanwalt und früheren CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer zukommen könnte. Der Vorsitzende wird hauptsächlich die Zeugen vernehmen.

Dirk Toepffer | Foto: Tobias Koch

Noch nicht ausgehandelt ist, welches Budget der Landtag für den PUA bereitstellt – also vor allem für Mitarbeiter, die den Fraktionen (wohl vor allem der CDU und der SPD) zugeordnet werden. Die SPD hatte vorgeschlagen, den Ausschuss sofort einzusetzen – dann wären die ersten Sitzungen wohl während der Osterferien gelaufen, ohne dass die Budget-Frage geklärt gewesen wäre. Die CDU lehnte das ab, damit dürfte der PUA endgültig in der Landtagssitzung am 17. April beschlossen werden und danach seine Arbeit beginnen.