Die neue rot-schwarze Landesregierung plant einen neuen Start für das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz (NGG), mit dem der Anteil von Frauen an leitenden Positionen der Landes- und Kommunalbehörden erhöht werden soll. „Das Gesetz soll novelliert werden, um durch Veränderung einiger Stellschrauben dafür zu sorgen, dass der Anteil von Frauen insbesondere in Führungspositionen perspektivisch dem der Männer entspricht“, sagte die neue Sozialministerin Carola Reimann (SPD) im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Schon die rot-grünen Vorgängerregierung hatte eine Reform geplant, diese war aber bis zum vorzeitigen Ende der Legislaturperiode nicht mehr vom Landtag verabschiedet worden. Außerdem hatte es seinerzeit erheblichen Protest von den Kommunen gegeben, da sie einen zu hohen bürokratischen Aufwand befürchtet hatten.

Das bisherige Gesetz enthält Soll- und Kann-Vorschriften. Damit wird das Ziel verfolgt, die Unterrepräsentanz von Frauen in Behörden zu beseitigen. Dort, wo der weibliche Anteil unter 50 Prozent liegt, sollen Stellen grundsätzlich ausgeschrieben werden – und Frauen sollen angesprochen werden, damit sie sich bewerben. Mindestens zur Hälfte sollen Frauen später auch in die engere Wahl gezogen werden. Diese Vorgabe aus dem Jahr 2010, noch unter der Regierung von CDU und FDP, hatte das alte NGG aus rot-grünen Zeiten von 1994 abgelöst.

Seilschaften nicht länger dulden

Im 1994er NGG war die öffentliche Ausschreibung noch verpflichtend gewesen – seit 2010 ist sie der Dienststelle freigestellt. In dem rot-grünen Entwurf von 2017 war eine Änderung in die Richtung der Linie von 1994 geplant gewesen. Das gilt für die verpflichtende Ausschreibung ebenso wie für die Vorgabe, dass bei gleicher Qualifikation so lange weibliche Interessenten den Vorzug genießen müssen, bis der 50-Prozent-Frauenanteil von Beschäftigten in den Behörden erreicht ist. Vor allem aus Kommunen, aber auch aus einigen Landesbehörden wie der Polizei wurden gegen den rot-grünen Plan von 2017 Vorbehalte geäußert. Damit werde die Personalentwicklungsplanung in einer Gemeinde gestört, meinten einige. Diese besagt, dass langfristig geschaut werde, wie über Jahre die Beförderungen von Amtsleitern und Dezernenten organisiert wird.

Wenn das NGG jedoch den Zwang zu öffentlichen Ausschreibungen verhänge, würden derartige auf Absprachen basierende Planungen gestört, hatten Kritiker eingewandt. Dagegen führte wiederum die damalige Frauenministerin Cornelia Rundt (SPD) ins Feld, dass es gerade das Ziel der Koalition sei, derartige – zumeist männlich geprägte – Seilschaften in den Behörden nicht mehr länger dulden zu wollen.

Wie die neue rot-schwarze Koalition das Thema jetzt anpackt, ist bisher noch nicht absehbar. Im Gespräch mit dem Rundblick ließ Reimann noch nicht erkennen, inwieweit der neue Entwurf eines Gleichberechtigungsgesetzes die Bedenken gegen den rot-grünen Plan von 2017 berücksichtigt. „Mir ist es sehr wichtig, dass die Lage der Frauen im öffentlichen Dienst weiter schnell und effektiv verbessert wird“, hob die SPD-Politikerin hervor. Die in der Verfassung geforderte Chancengleichheit müsse auch tatsächlich erreicht werden. Dazu gehörten auch optimale Bedingungen für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf – sowie flexible Arbeitsformen und gezielte Angebote zur Aufstockung der Teilzeitarbeit.

Vermutet werden kann, dass die Bestimmungen des 2010 geänderten Gesetzes tatsächlich verschärft werden und tatsächlich eine Verpflichtung zur Ausschreibung festgelegt wird – ebenso eine Bevorzugung von Frauen bei gleicher Qualifikation der Interessenten. Ob dies tatsächlich für alle Stellen in den betreffenden Behörden gilt oder nur für leitende Funktionen, ist aber offen. Das gilt auch für die Frage, wie diese leitenden Funktionen dann definiert werden. Die sozialdemokratischen Frauen, die sehr stark auf eine Reform dringen, haben Verbündete in der Frauen-Union der CDU, die in ihren Forderungen zunehmend schärfer und entschiedener auftritt.